Schuld

[541] Schuld im juridischen Sinne heißt 1. die Leistung, zu der der eine dem andern gegenüber verpflichtet ist (debitum); 2. der innere Grund, der für die Zurechnung einer Rechtsverletzung oder Gesetzesübertretung maßgebend ist; dieser besteht entweder in böser Absicht (dolus) oder in Fahrlässigkeit (culpa). – Im moralischen Sinne bedeutet Schuld die Urheberschaft des Sittlich-Bösen, welches jemand als freies Wesen tut, so daß es ihm daher zugerechnet werden kann. Die moralische Schuld ist nicht identisch mit der Sünde. Jene setzt rein menschliche Maßstäbe der Beurteilung voraus, diese gilt als Verletzung göttlicher Gebote (vgl. Sünde). – Schuld haben heißt endlich im allgemeinsten Sinne Ursache von etwas sein. Dies ist da der Fall, wo der Mensch volle Absicht und Einsicht bei Begehung einer Tat hat. Und zwar kann er nicht nur direkt, sondern auch indirekt schuldig werden und nicht nur positiv, sondern auch negativ. Denn wer auch nur intellektueller Urheber von etwas Bösem ist und dies gar nicht selbst getan, sondern nur andere dazu angereizt öder nicht davon abgehalten hat, trägt die Verantwortung für das Geschehene. Vgl. Zurechnung, Böses, Gewissen, Freiheit.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 541.
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