Backsteinverband

[438] Backsteinverband. Der Verband einer Backsteinmauer beruht auf den für die drei Kantenlängen der parallelepipedisch geformten künstlichen Steine (Backsteine, s.d.) angenommenen Abmessungen, weshalb auch die Stärke einer solchen Mauer nicht in absoluten Maßen, sondern in Steinlängen angegeben wird. Man spricht also von einer »einen halben Stein«, »einen Stein«, »anderthalb Steine« u.s.w. starken Mauer. Um ferner mit solchen künstlichen Steinen überhaupt einen solchen Verband herstellen zu können, müssen sie der Bedingung genügen, daß unter Berücksichtigung eines entsprechenden Zwischenraumes für den Mörtel (die Fuge) zwei Steinbreiten einer Steinlänge und zwei Steindicken einer Steinbreite gleich sind (vgl. Backsteine, Fig. 2).

Dies trifft beim neuen österreichischen Normalziegelformat zu, das 290 mm für die Länge, 140 mm für die Breite und 65 mm für die Dicke besitzt. Das in Deutschland seit 1869 eingeführte Normalziegelformat hat 250 mm Länge, 120 mm Breite und 65 mm Dicke. Während das österreichische Normalformat also beiden ausgesprochenen Bedingungen genügt, erfüllt das deutsche[438] nur die erste Bedingung; es ist daher mit deutschen Steinen die Vereinigung von flach gelegten Steinen mit gestellten Steinen in ein und derselben Mauerschicht nicht möglich. Den Vorteil, daß bei Annahme von 12 mm starken Lagerfugen genau 13 Schichten auf 1 m gehen, wodurch die Maßberechnung sehr vereinfacht wird, hat das deutsche Normalformat mit dem österreichischen gemein. In Bayern ist ein größeres, in Norddeutschland zum Teil ein kleineres Format gebräuchlich. In andern Ländern sind ebenfalls verschiedene Formate in Anwendung, jedoch lassen sich mit allen diesen Formaten die gebräuchlichsten Verbände herstellen. Außer den ganzen Steinen sind (namentlich für Eck- und Endverbände) noch Teilstücke erforderlich, wie: Dreiquartiere, Zweiquartiere, Einquartiere und Längsquartiere, die teils von den Ziegeleien geliefert, teils vom Maurer durch Behauen hergestellt werden; das letztere ergibt viel Bruchstücke und fordert zur möglichsten Sparsamkeit in der Verwendung solcher Teilstücke auf. Als allgemeine Regeln können für den Backsteinverband gelten:

1. Die Stoßfugen zweier übereinander liegenden Schichten dürfen nie in ein und dieselbe lotrechte Ebene fallen, sondern es müssen die Stoßfugen der einen Schicht durch die Steine der darunter- oder darüberliegenden Schicht um 1/4 oder 1/2 Stein überbunden werden.

2. Die zur Stirn senkrechten Stoßflächen ein und derselben Schicht können ganz oder teilweise durch die ganze Mauer hindurchgehen.

3. Im Innern der Mauer sind so viel als möglich Binder anzuordnen, damit möglichst viel Ueberbindungen von 1/2 Stein sich ergeben.

4. Jede Schicht soll möglichst viele ganze Steine enthalten und nur so viel Teilstücke, als zum Verbände unumgänglich notwendig sind.

Ueber die verschiedenen möglichen Verbandarten vgl. a. Binderverband, Blockverband, Englischer Verband, Kreuzverband, Läuferverband (Schornsteinverband), Gotischer (flämischer oder polnischer) Verband, Festungsverband, Figurierter Verband, Holländischer Verband u.s.w.


Literatur: Breymann, Allgem. Baukonstruktionslehre, 1. Bd.: Die Konstruktionen in Stein, 6. Aufl., neu bearbeitet von O. Warth, Leipzig 1896, S. 5; Wanderley, Die Konstruktionen in Stein, Leipzig 1878, S. 2; Handbuch d. Architektur, Stuttgart 1901, 3. Teil, 1. Bd., S. 19; Deutsche Bauztg. 1869, S. 146, 257, 269, 281, 630; Fleischinger, A.F., und Becker, W.A., Die Mauerwerks- oder Steinkonstruktionen, Berlin 1859; Vorlageblätter der Baugewerkschule zu Holzminden: Mauerkonstruktionen, Leipzig 1879; Der Verband der Mauersteine, Berlin 1881; Chabat, P., La brique et la terre cuite, Paris 1881; Schaupensteiner, Die Lehre vom Bauverband u.s.w., Leipzig 1882; Lacroux, J., La brique ordinaire, Paris 1883/84.

L. v. Willmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 438-439.
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