Feldeisenbahnen [1]

[684] Feldeisenbahnen sind schmalspurige, auf verlegbaren Schienenjochen verlegte Gleise, die als Fahrbahn überall da ausgedehnteste Verwendung finden, wo Materialien und Güter aller Art in größeren Mengen befördert werden müssen, z.B. in der Landwirtschaft beim Transport von Rüben, Mergel, Sand, Dünger, Torf u.s.w., in der Forstwirtschaft zum Befördern der Baumstämme, in Ziegeleien zum Heranschaffen des Rohmaterials und als Ziegelwagen, bei Erdarbeiten aller Art, Kanalbauten, Hafenanlagen, im Bergbau, bei Bauausführungen, in Fabriken aller Art, für militärische Zwecke u.s.w.

Der Wert der Feldeisenbahnen besteht in der Herabsetzung der Zugkraft und Beschleunigung der Transporte. Ein Arbeiter leistet [1] auf dem Schienengleise mit der Schubkarre etwa das 13fache gegenüber dem einfachen Schubkarren, ein Pferd zieht auf derselben das 4–5fache der Last, die es auf der Chaussee bewegt, und Lokomotiven können auf der schmalspurigen Bahn je nach ihrer Größe 40–100000 kg mit etwa 20 km pro Stunde befördern.

Bei Anlage einer Bahn ist in Betracht zu ziehen: das Quantum der in bestimmter Zeit zu befördernden Massen, ob sie in großen Stücken oder ungeteilt zu bewegen sind oder ob sie sich in kleine Ladungen teilen lassen, und die Zeitdauer, während welcher man auf die Benutzung der Anlage rechnen kann. Haben die Güter oder Materialien jahraus, jahrein denselben Weg zurückzulegen, so ist ein festes Gleis auf festem Unterbau am Platz. Handelt es sich darum, während einer kürzeren Arbeitszeit (z.B. Campagne) in kleinere Ladungen teilbare Materialien zu befördern, und bleibt das Gleis nach Beendigung der Arbeit unbenutzt liegen oder findet es anderweitig auf kürzere Zeit Verwendung, so empfiehlt sich das mit geringeren Unkosten zu verlegende halbbewegliche Gleis. – Sind an verschiedenen benachbarten Orten zerstreut lagernde Gegenstände zusammenzuschleppen und fortzuschaffen, so geschieht dies mittels[684] der leichtbeweglichen Gleise, die mit dem geringsten Zeit- und Arbeitsaufwand nach den verschiedenen Lagerstellen sich abzweigen lassen.

Die Gleise der Feldbahnen bestehen aus leichten Schienen auf Stahl- oder Holzschwellen und dem Verbindungsmaterial. Die gebräuchlichsten Schienen sind (s. Tabelle und [2]):


Feldeisenbahnen [1]

Die Gleisrahmen werden, wenn sie oft verlegt werden, durch eiserne Schuhe verbunden, in die der nächste Rahmen einfach hineingeschoben wird (Fig. 1). Werden sie selten oder gar nicht aufgenommen und neu verlegt, so erfolgt die Verbindung durch Laschen. – Zu Ausweichungen dienen Zungenweichen (Fig. 2) oder Kletterweichen. Um die Wagen nach einer andern Richtung zu drehen, dienen Wendeplatten oder guß- oder schmiedeeiserne Drehscheiben, die sich entweder auf einem Mittelzapfen oder auf einer Anzahl in einem Kranz laufender Rollen oder Kugeln drehen (vgl. Fig. 3). – Die Wagen der Feldeisenbahnen setzen sich aus dem Untergestell und dem Aufsatz, der je nach dem Verwendungszweck sehr verschiedenartig ist, zusammen. Die wichtigsten Typen sind die Mulden- und Kastenkippwagen (Fig. 4 u. 5), deren Bauart und Verwendung aus den Figuren ohne weiteres ersichtlich ist. Es werden gewöhnlich mehrere derselben durch Zughaken miteinander verbunden, die gleichzeitig als Puffer dienen können. Einzelne Wagen müssen mit einer Bremse versehen werden. – Fig. 6 zeigt einen Plateauwagen, wie er in Ziegeleien, keramischen Fabriken, Spinnereien sowie in Werkstätten aller Art, für kleinere Gütertransporte verwendet wird, und Fig. 7 einen aus zwei Untergestellen zusammengesetzten Wagen zum Transportieren von Langholz. Die Untergestelle sind mit besonderen Drehgestellen ausgerüstet, auf die auch Kasten und besondere Obergestelle, z.B. zum Transport von Rüben, Heu oder Stückgütern u.s.w. aufgesetzt werden können. Ferner sind noch eine Reihe von Spezialwagen, z.B. Etagenwagen für Ziegel, Fleischtransportwagen, Grubenwagen (Hunde), Spezialwagen für Hängebahnen und Personenwagen im Gebrauch.

Zum Ueberführen eines gewöhnlichen Ackerwagens auf eine Gleisbahn kann die Einrichtung nach Fig. 8 dienen. Der Wirtschaftswagen wird auf einen erhöhten Gleisrahmen[685] geschoben, so daß die mit Böcken versehenen Gleiswagen unter die Achsen desselben gebracht werden können. Beim Herunterfahren des Wagens von der Rampe stützen sich die Achsen auf die Gleiswagen, und die Räder des Wirtschaftswagens schweben frei in der Luft.

Die Preise sind je nach Verwendungszweck und Art der Anlage sehr verschieden. Als Anhalt mögen folgende Daten [1] dienen: Ein halbbewegliches Gleis von 600 mm Spurweite, von 5 m Rahmenlänge kostet vollständig zusammengesetzt pro laufenden Meter 2,95 ℳ., ein gleichbreites leichtbewegliches Gleis von 2 m Rahmenlänge 3,55 ℳ., Kurvenstücke 0,40 ℳ. mehr, eine Schleppweiche, 5 m lang, 79 ℳ., ein Muldenkippwagen von 0,5 cbm Rauminhalt 126,50 ℳ., mit Bremse 49 ℳ. mehr, und ein eisernes Untergestell 87 ℳ.

Bei der Rentabilitätsrechnung für eine Feldbahnanlage ist die Dauer des jährlichen Betriebes und die Intensität der Benutzung ausschlaggebend. Literatur: [1] Katalog des Bochumer Vereins für Bergbau und Gußstahlfabrikation, Bochum. – [2] Fabrik transportabler und fester Eisenbahnen von Arthur Koppel, Berlin. – [3] Spaldius, Feldeisenbahnfabrik, Berlin. – [4] Gebrüder Kappe & Co., Alfeld. Berichte über ausgeführte Anlagen in Feld- und Waldbau sind u.a. in der Zeitschr. für Jagd- und Forstwesen 1884 sowie der Deutschen landwirtschaftlichen Presse u.a. enthalten.

Wrobel.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 684-686.
Lizenz:
Faksimiles:
684 | 685 | 686
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Spitteler, Carl

Conrad der Leutnant

Conrad der Leutnant

Seine naturalistische Darstellung eines Vater-Sohn Konfliktes leitet Spitteler 1898 mit einem Programm zum »Inneren Monolog« ein. Zwei Jahre später erscheint Schnitzlers »Leutnant Gustl" der als Schlüsseltext und Einführung des inneren Monologes in die deutsche Literatur gilt.

110 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon