Festhallen

[262] Festhallen, große und weite Hallen zur Abhaltung von großen Versammlungen, von Volksfesten, Konzerten der großen Musik- und Gesangsfeste u. dergl., welche bei den in neuerer Zeit entwickelten Verkehrsmitteln für Massenversammlungen von mehreren tausend Menschen Platz bieten.

In früherer Zeit für kleine Verhältnisse und vorübergehende Feste aus Holz erstellt (s. Sängerhallen), erwiesen sich solche Bauten bei der Weiterentwicklung des Vereinswesens und dem Massenverkehr als nicht ausreichend und unverhältnismäßig kostspielig. So hat es sich mit fortschreitender Zeit als vorteilhafter erwiesen, da, wo solche festliche Veranstaltungen öfter wiederkehren, wie in den Landeshauptstädten und Großstädten, feste Bauten in Stein und Eilen zu erstellen, welche allen Anforderungen an solche Saalbauten entsprechen und außerdem den früheren Bauten gegenüber große Feuersicherheit bieten. An Räumen sind nötig: 1. Ein weiträumiger, nur wenig über Straßenhöhe gelegener Saal, im Verhältnis von 1 : 2, also Weiten von 25–30 m Breite und 50–60 m Länge und einer Höhe von etwa 20 m, mit Galerien und Orchesterraum und reichem seitlichem Hochlicht. 2. Ein oder mehrere Nebensäle, die als Konzert- oder Speisesäle dienen können und in bequemer Verbindung zu 1. stehen. 3. Haupteingang mit Vorplatz und Kassenräumen, Pförtner- und Dienerzimmer sowie mehrere Seiteneingänge und geeignete Treppenanlagen. 4. Kleiderablagen in vorteilhafter Anordnung mit Aborten und Waschräumen. 5. Wirtschaftsraum mit Küchen, Anrichten, Spülküchen und Vorratsräumen, eventuell Wohnräume für Wirt und Bedienung. 6. Kelleranlagen mit Zentralheizung, Kohlenkammern, Vorratsräumen u.s.w. Der äußere Aufbau bietet dem Architekten Gelegenheit, dem Ansehen und Reichtum des Gemeinwesens durch große Architektur und Massenwirkung gebührenden Ausdruck zu geben. Die Innenausstattung soll ebenso durch schöne Raumverhältnisse als weite und kühne Deckenbildungen einen mächtigen Eindruck hervorrufen. Doch soll auch nicht versäumt werden, dem Hauptsaal eine gute Akustik zu schaffen.

Während ältere Anlagen noch einfache Anordnungen zeigen, wie die Stadthallen zu Mainz [1] und zu Heidelberg [2], bietet die Festhalle »Rosengarten« [3] zu Mannheim (1903) eine lebendigere Ausgestaltung mit erweitertem Programm, bleibt aber noch innerhalb der[262] Grenzen der genannten Bauten. Viel größere Verhältnisse zeigt die Ausstellungs- und Festhalle zu Frankfurt a.M. (1909); vgl. die Figur und [4]. Noch größeren Hallenraum zeigt die für die Stadt Breslau errichtete Jahrhunderthalle (Architekt M. Berg, 1913) [5]. Große Monumentalbauten für ähnliche Zwecke sind auch in England mehrfach ausgeführt worden, wie die Albert-Halle zu London in ovaler Grundanordnung, also nach dem antiken Muster der Amphitheater [6], sowie eine große in Eisen und Glas erbaute Festhalle in Sydenham [7]. Ebenso ist hervorzuheben der 1878 erbaute Trocadero-Palast in Paris [8], welcher während der großen Weltausstellung sowie auch später zu großen Musikaufführungen und festlichen Veranstaltungen dienen sollte und sowohl in der Größe der Räume als Großzügigkeit der Architektur als ganz hervorragend zu bezeichnen ist.


Literatur: [1] Handbuch der Arch., IV. Teil, 4. Halbbd., 1. Heft, S. 272 ff. – [2] Ebend., S. 281 ff. – [3] Ebend., S. 275–279. – [4] Deutsche Bauztg. 1909, Nr. 41–45. – [5] Ebend. 1913, Nr. 42, S. 385 ff. – [6] Handbuch der Arch., IV. Teil, 4. Halbbd., 1. Heft, S. 284–287, und The Builder, Bd. 25, S. 368. – [7] Baukunde des Architekten, II. Bd., 57, S. 421 und 422, – [8] Handbuch der Arch., IV. Teil, 4. Halbbd., 1. Heft, S. 289–293.

Weinbrenner.

Festhallen
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 262-263.
Lizenz:
Faksimiles:
262 | 263
Kategorien: