Grabstichel

[602] Grabstichel (Drehstichel, Stichel, Zeiger) können als kleine Meißel angesehen werden, welche (wenige seltene Fälle ausgenommen) nicht mit dem Hammer getrieben, sondern nur mit der Hand geführt werden behufs Wegnahme seiner Späne von dem zu bearbeitenden, dem zu gravierenden Gegenstande. – Der Grabstichel ist ein gehärtetes stählernes Stäbchen, an einem seiner Enden so abgeschliffen, daß es eine kleine Schneide oder eine Spitze mit daranliegenden Schneiden erhält. Das andre zugespitzte Ende steckt in einem runden, gedrückt birnförmigen Hefte, von dessen Umfang oft, der bequemeren Handhabung halber, der untere Teil weggeschnitten ist. Die Gestalt des Stabquerschnittes ist verschieden; die Zuschärfung geschieht durch eine von oben her angeschliffene schräge Fläche (die Kappe, das Schild); die nach unten gekehrte Kante oder Fläche, welche durch ihr Zusammentreffen mit der Kappe die Schneide erzeugt, wird die Bahn genannt. Die gebräuchlichsten Grabstichel sind folgende:

Grabstichel (im engeren Sinne): Querschnitt quadratisch oder rautenförmig; die Bahn ist eine Kante und die Schneide eine von drei ebenen Flächen gebildete Spitze.

Messerzeiger: Im Querschnitt scharf keilförmig; die Schneide des Keiles ist die Bahn und bildet mit der schmal dreieckigen Kappe eine sehr scharfe Spitze.

Spitzstichel, vom vorigen nur dadurch verschieden, daß die beiden Seitenflächen etwas gewölbt sind. Der ovale Spitzstichel hat einen zweispitzigen Querschnitt. Der Justierzeiger (von den Goldarbeitern zum Justieren, d.h. zum Ausarbeiten der Kästen, in welche Steine gefaßt werden, benutzt) hat die Gestalt eines ovalen Spitzstichels, ist aber von der Seite her zugeschliffen, wodurch er eine bogenförmige Schneide erhält.

Flachstichel: Querschnitt trapezförmig, Bahn die breitere der beiden Parallelseiten, Schneide geradlinig.

Dreieckiger Stichel: Querschnitt ein niedriges gleichschenkliges Dreieck. Je nachdem man die Kappe nach der Spitze oder nach der Grundlinie hin anschleift, bildet sich entweder eine Spitze oder eine geradlinige Schneide.

Boltstichel (Pollstichel), vom Flachstichel nur dadurch abweichend, daß die Bahn eine in der Querrichtung hohle Fläche ist, wodurch die Schneide bogenförmig ausfällt.

Rundstichel: Querschnitt kreisförmig, Kappe elliptisch, Schneide also bogenförmig.

Ovalstichel: Querschnitt oval, der größere Durchmesser des Ovales senkrecht stehend, Schneide daher scharf bogenförmig.

Fadenstichel (auch Farb- oder Federstichel): Querschnitt flach viereckig; die Bahn eine Seite, die der Länge nach gefurcht ist; Schneide daher sägezahnartig.

E. Müller-Dresden.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 602.
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