Greifzeuge

[623] Greifzeuge oder Hebezeuge, auch Hebegeschirre genannt, sind Vorrichtungen zum Erfassen größerer Baustücke, um sie mittels maschineller Vorrichtungen heben und versetzen zu können.

1. Für Quadersteine sind für diesen Zweck am gebräuchlichsten die Keilklauen oder Wölfe (s. Fig. 15), die in die schwalbenschwanzförmig in den Stein eingemeißelten Löcher gefleckt und deren Keilflächen in der in Fig. 3 angegebenen Weise eingeklemmt werden, wodurch das Anheben erfolgen kann [1]. Der von Matthew ausgebildete Doppelwolf [2] mit Wagbalken (s. Fig. 6 und 7) ermöglicht beim Aufsetzen des Steins ein selbsttätiges Auslösen der in die Löcher gefleckten, beim Anheben auseinander gedrängten Schienen. Die Wirkung der Kniehebelsteinzange von J. Wolf & Cie. in Heilbronn (s. Fig. 8) beruht auf Reibung, indem die. Greifbacken durch das Eigengewicht des Steins mittels starker Kniehebelübersetzung gegen die Steinfläche gepreßt werden. Bei glatten und nassen Steinen müssen entsprechende Vertiefungen angebracht werden, um ein Abrutschen zu verhüten. Auf demselben Gedanken beruht die Barrèresche Steinzange [3] sowie die Daumenzange (Fig. 9) und der Steingreifer von Perdriel [4] sowie die Patentdaumenzange von Hussony [5]. Bei sehr harten Steinen, bei denen das Einmeißeln von Wolflöchern zu zeitraubend ist, werden die angeführten Greifzeuge sowie die Greifschere (s. Fig. 10) mit Vorteil zu verwenden sein, welch letztere bezüglich der Form der Zangenarme durch Zimmermann eine wesentliche Verbesserung erfahren hat [6].

2. Für Hölzer werden, wenn vom Anbinden mittels entsprechender Seile abgesehen werden muß, Klammern, in Gestalt von Gerüstklammern (s. Baugerüst), oder Spitzhaken verwendet, die in das Holz einzuschlagen sind. Auch sogenannte Teufelsklauen, in Form zweier an einer Kette einander zugekehrt lose an Ringen hängenden Haken, ebenso wie Holzscheren, die ähnlich der Fig. 10 ausgebildet sind, werden angewendet. Bei den letzteren werden die Spitzen durch die Hebelwirkung der oberen Arme beim Aufziehen fest in das Holz eingedrückt [7].[623]

3. Für Eisenteile von einem Gewicht über 500 kg werden entweder Zugringe in vorhandene oder besonders zu bohrende Bolzenlöcher geschraubt, oder es werden auch hier scherenartige oder auf Klemmwirkung beruhende Greifzeuge zur Anwendung gebracht.

Die Trägerzange von Jul. Wolf & Cie. in Heilbronn a. N. (D.R.G.M. Nr. 188969) (Fig. 11) besitzt besonders ausgebildete, den Profileisen angepaßte Greifbacken, durch welche nicht nur in der Zangenebene, sondern, je nach der Stellung des Trägers, auch in einer zu ihr geneigten Richtung eine Klemmwirkung ausgeübt wird, die ein Herausgleiten des Trägers verhindert. Die Zange wird in zwei Größen, und zwar für die Normalprofile 8 bis 30 zu 20 ℳ., für die Normalprofile 20 bis 50 zu 30 ℳ. geliefert.

Zum Anpacken schwerer Bleche, die aber mindestens an zwei gegenüberliegenden Stellen erfaßt werden müssen, dient die in Fig. 12 dargestellte Daumenzange [8]. Die klemmende Wirkung erfolgt durch den ungleicharmigen Hebel A B, der, bei A angezogen, in B einen entsprechenden Druck auf das unten vom Daumen C unterstützte Blech ausübt.


Literatur: [1] Vgl. a. den Wolf von F. Minthe (D.R.P. Nr. 30461), Deutsche Bauztg. 1885, S. 448. – [2] Handbuch d. Ingenieurwissensch., Bd. 4, Abt. 2, Kap. 6, Leipzig 1885, S. 24; Zeitschr. d. Arch.- u. Ingen.- Vereins zu Hannover 1875, S. 573. – [3] Bull. d. 1. soc. d'encour. pour l'industrie nat. 1877, S. 269, und Dinglers Polyt. Journ. 1877, Bd. 225, S. 334; Steinhebezeug von Darnton Hutton, Handbuch d. Ingenieurwissensch., Bd. 4, Abt. 3, 1. Lief., Leipzig 1887, S. 19, Taf. 1, Fig. 8; Schwedische Steinklaue, Zeitschr. d. Arch.- u. Ingen.- Vereins zu Hannover 1876, S. 594; Klauen und Kloben zum Versetzen von Laden, Haarmanns Zeitschr. f. Bauhandw. 1876, S. 143. – [4] Zentralblatt d. Bauverwaltung 1899, S. 580 und 607. – [5] D.R.G.M. Nr. 14027, Baugewerksztg. 1894, Jubiläumsbeilage VII. – [6] Zentralblatt d. Bauverwaltung 1884, S. 82. – [7] Zeitschr. d. Arch.- u. Ingen.- Vereins zu Hannover 1889, S. 451, und Bl. 11. – [8] Zeitschr. d. Vereines deutscher Ingen. 1904, S. 1628.

L. v. Willmann.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 8., Fig. 9.
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Fig. 10., Fig. 11.
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Fig. 12.
Fig. 12.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 623-624.
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