Hüttenfalz

[310] Hüttenfalz wird in einem hüttenmännischen Verfahren, das von Tee in Liverpool flammt, gewonnen. Er nahm 1904 ein deutsches Patent »Auf Reinigen von geschmolzenem Salz durch Einblasen von Luft«. Drei Zusatzpatente ließ er 1906–1908 folgen. 1910 wurde in Heilbronn a. N. das Verfahren in Deutschland in die Praxis übergeführt. Eine Schmelzanlage besteht aus Gaserzeugern, Oefen, Mühle und Lagerräumen.

Die Oefen sind ihrer Bauart nach Siemens-Martinöfen, jedoch ist im Gegensatz zu den bei der Stahlerzeugung verwendeten eine Gasvorwärmung nicht erforderlich, da die zum Schmelzen des Salzes benötigte Temperatur sich unter 1000° C hält. Einen weiteren Unterschied zeigt der zweigeschossige Herdraum, in dessen oberem Teil das Einschmelzen des Steinsalzes erfolgt. Im unteren wird das Schmelzgut gesammelt und gereinigt. Die Beheizung des oberen Herdes erfolgt von jeder Seite aus durch je zwei Brenner, während für den unteren je einer vollkommen ausreicht. Dementsprechend sind auch für den oberen Herd größere Kammern zur Vorwärmung der Verbrennungsluft auf den Außenseiten unter dem Ofen angeordnet. Neben diesem liegen kleinere – an jeder Seite eine – für den unteren Herd. Ein Gewölbe aus feuerfestem Material bildet die Bodenfläche des Schmelzraumes und dient gleichzeitig als Decke des Sammelraumes. Seine Oberfläche ist flach und bildet eine nach der Ofenbühne zu geneigte schiefe Ebene. An den drei dort befindlichen, durch Falltüren verschließbaren Arbeitsöffnungen ist das Gewölbe nach innen leicht ausgebuchtet. Hierdurch wird dem geschmolzenen Salz die Möglichkeit gegeben, zum unteren Herd abzufließen. Dieser ist seinem Zweck entsprechend wannenartig ausgebildet und faßt zwei Einsätze des oberen. Um die sich im unteren Herd absetzende Schlacke leicht beseitigen zu können, sind in der Stirnwand des Ofens unmittelbar über der Arbeitsbühne drei Oeffnungen ausgespart. Sie sind vermauert und werden nur beim Entfernen der Schlacke geöffnet. Das Abstichloch für die fertige Salzschmelze befindet sich auf der Rückseite des Ofens etwa 0,5 m über der Sohle des unteren Herdes. Den Verschluß bildet ein aus Stahlguß hergestellter Stöpsel. Er ist zwecks besserer Abdichtung mit gelöschtem Kalk umkleidet und wird, um bei Undichtwerden des Stichloches ein Auslaufen des Ofeninhaltes zu verhindern, mit einigen Eimern feingemahlenen Salzes zugeworfen. Drei in der Decke des[310] oberen Herdes vorhandene, trichterförmig ausgebildete Oeffnungen dienen zum Einsetzen der Charge. Während des Schmelzens sind sie durch ein birnenförmiges Gewicht verschlossen.

Um ein schnelles Abschmelzen zu gewährleisten, wird das eingebrachte Gut möglichst gleichmäßig auf dem oberen Herd ausgebreitet und durch häufiges Rühren gewendet. Damit werden der Flamme stets neue Angriffsflächen geboten und die Bildung schützender Umhüllungen durch die beigemengten Verunreinigungen wird vermieden. Die bereits auf dem oberen Herd liegenbleibenden, unschmelzbaren Rückstände werden auf die Ofenbühne abgezogen und fallen in den Schlackenraum. Die geringen auf dem Herd festbrennenden Schlacken, die im Laufe einer Woche zu einer 5–10 cm starken Decke anwachsen, werden durch Stoßmeißel entfernt. Als Gezähe zum Rühren des Schmelzgutes dienen lange eiserne Kratzen, die Krücken genannt werden.

Das Abschmelzen eines Einsatzes von 2000 kg dauert etwa 11/2–2 Stunden. Hat der untere Herdraum auch die Schmelze des zweiten Einsatzes aufgenommen, so wird in das Bad, nachdem er durch Zusatz von halbgelöschtem Kalk schwach alkalisch gemacht ist, eine knappe Viertelstunde lang Preßluft von etwa 1/2 Atm. eingeblasen. Hierdurch wird bewirkt, daß die noch mitgeschwemmten Verunreinigungen, wie Eisenoxyd, Tonerde und Anhydrit, da sie spezifisch schwerer als die Salzschmelze sind, sich zu Boden schlagen. Auch die die Schmelze noch färbenden, durch die Verbrennungsgase eingetragenen organischen Verunreinigungen werden gleichfalls oxydiert und entweichen in Form von Kohlensäure und Wasserdampf. Die Temperatur darf beim Blasen 900° C nicht überschreiten, weil alsdann die Löslichkeit der Verunreinigungen in der Schmelze zunimmt. Das Endprodukt enthält dadurch einen Stich ins Graue, der die Verwendung als Speisesalz ausschließt. Der Gaszug zum unteren Herd wird daher vor dem Fertigmachen der Charge geschlossen und erst etwa 1/2 Stunde nach der zweiten Beschickung des oberen Herdes wieder geöffnet. Die im unteren Herd verbliebenen Rückstände werden in teigigem Zustande durch die erwähnten gewöhnlich vermauerten Oeffnungen aus dem Ofen entfernt.

Um beim Reinigungsprozeß ein restloses Absitzen der unerwünschten Beimengungen zu erzielen, bleibt das Bad nach dem Blasen noch 2–3 Minuten stehen und wird dann durch eine Verteilungsrinne in die vier zu jedem Ofen gehörigen Rührpfannen abgestochen. Hier zerfällt das Salz durch das während des Erkaltens fortgesetzte Rühren in Körner, mit Ausnahme der infolge des guten Wärmeleitungsvermögens des Eilens unmittelbar an den Wandungen sich ansetzenden Schale. Die Tourenzahl der Pfannen beträgt 9 je Minute; gerührt wird etwa 11/4–11/2 Stunden. Jede zu einem Ofen gehörige Pfannengruppe hat elektrischen Einzelantrieb. Durch Einstecken von Auswurfschaufeln in die Pfannen wird das Salz auf ein eisernes Plattenband ausgetragen und der Hüttensalzmühle zugeführt. Durch ein Schüttelsieb werden zunächst die Stücke mit weniger als 5 mm Korngröße von den gröberen geschieden. Zur Aufnahme beider Sorten sind Vorratstaschen vorhanden. Das feinere Gut wird durch ein Becherwerk einem Siebzylinder zugebracht und dort in Fein-, Mittelgrob- und Grobsalz geschieden. Jede Körnung wird einem besonderen Silo zugeleitet und von dort unter Verwendung von automatischen Librawagen (s. Getreidewage) abgesackt und kommt als Speisesalz in den Handel. Die Schalen werden gemahlen und durch Sieben in drei Korngrößen geschieden.

Die für den Schmelzprozeß erforderliche Wärmemenge errechnet sich wie folgt: Der Schmelzpunkt des Salzes liegt bei 804° C. Die spezifische Wärme des Salzes ist 0,2373. Aus diesem Produkt ergeben sich 190,8 Kalorien. Hierzu tritt noch die zur Veränderung des Aggregatzustandes erforderliche Schmelzwärme von 123,6 Kalorien. Insgesamt werden demnach theoretisch beim Hüttensalzprozeß nur 314,3 Kalorien verbraucht, während der Siedeprozeß bei Salinen etwa 1600 Kalorien beansprucht. Theoretisch verhalten sich also die bei beiden Prozessen aufgewandten Wärmemengen und demgemäß der Wärmeverbrauch wie 1 : 5. Wegen der beim Hüttensalzprozeß benötigten höheren Wärmegrade sind naturgemäß auch die durch Strahlung u.s.w. auftretenden unvermeidlichen Verluste erheblich größer. Trotzdem ist das Hüttensalzverfahren wärmetechnisch dem Siedesalzprozeß noch so überlegen, daß man in der Praxis bei dem erstgenannten Verfahren mit der Heizkraft einer Tonne Steinkohlen etwa 4–5 t Salz erzeugt, während bei dem anderen im Mittel zwei Tonnen Salz mit einer Tonne Steinkohlen hergestellt werden können.

Die gegen die Verwendung des Hüttenfalzes als Speisesalz wegen seiner schwereren Löslichkeit und der Alkalinität, die von der Kalkzugabe in der Schmelze herrührt, gemachten Einwendungen sind 1916 durch die Untersuchungen von Lehmann-Würzburg widerlegt worden. Nachstehend eine Analyse des Hüttenfalzes: 1,06% SO3, 1,8% CaSO4, 0,10% CaCl2, 98,1% NaCl.

Das Hüttenfalz entspricht noch mehr wie das Siedesalz den weitgehendsten hygienischen Anforderungen, da infolge der durchlaufenen Hitze alle dem Salze anhaftenden organischen Verunreinigungen und Krankheitserreger unbedingt unschädlich gemacht werden und die unerwünschten anorganischen Beimengungen in die Schlacke gehen. Das Hüttenfalz ist spezifisch etwas schwerer als das Siedesalz und beansprucht demgemäß einen geringeren Rauminhalt. Auch neigt es sehr wenig zur Aufnahme von Wasser.

Brandenburg.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 310-311.
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