Hektograph

[31] Hektograph (Autograph, Chromograph, Kilograph, Multigraph, Polygraph, Schapirograph). Alle diese Namen bezeichnen einfache Vervielfältigungsapparate, die darauf beruhen, daß ein Schrifstück oder eine Zeichnung mit ausgiebiger Tinte (aus Anilinfarbstoffen) verfertigt und sodann auf eine elastische Leimmasse durch Auflegen und Reiben übertragen wird. Es können nun auf glattes Papier, das z.B. durch Ueberfahren mit einer Walze auf den Leimziegel angedrückt wird, so lange Abzüge gemacht werden, als die Uebertragung, der kein Farbstoff weiter zugeführt wird, solchen abzugeben vermag.

Eine der einfachsten Anweisungen zur Herstellung von Hektographenmasse ist folgende: 100 Teile Vergolderleim werden in Wasser aufquellen gelassen, bis sich dessen Platten in weiche, hautartige Massen verwandeln, die beim Aufheben leicht zerreißen; man schmilzt ihn dann vorsichtig, kocht ihn auf und entfernt allen an der Oberfläche sich bildenden Schaum. In diesem Zustande werden 500 Teile Glyzerin (28°) unter fortwährendem, vor Anbrennen schützendem Rühren zugesetzt. Die Masse läßt man noch etwas stehen, damit die Luftblasen entweichen können, und gießt sie schließlich in Blechkästchen. Eine sehr gute, aber teurere Masse erhält man aus 100 Teilen Hausenblase, 600 Teilen wasserfreiem Glyzerin und 400 Teilen heißem Wasser; ihre Herstellungsart ist die gleiche wie soeben angegeben, jedoch muß vor dem Eingießen in die Form durchgeseiht werden, und es ist bei der Füllung besonders darauf zu achten, daß sich keine Luftblasen bilden. Der Vorteil dieser Masse besteht darin, daß die Anilintinte nicht tief einsinkt. In Frankreich empfahl das Ministerium für öffentliche Arbeiten die Erzeugung der Hektographenmasse aus 100 Teilen gewöhnlichem Leim, 500 Teilen Glyzerin, 25 Teilen seinem Bariumsulfat oder Kaolin und 375 Teilen Wasser. Als Kopiertinte für diese Masse eignet sich am besten eine konzentrierte Lösung von Methylviolett, doch kann diese nach geschehenem Druck nur mit Wasser, dem man etwas Salzsäure zugesetzt, entfernt werden; auch muß man noch mit kaltem Wasser nachwaschen, um jede Spur von Säure zu entfernen. Eine blaue Tinte kann man herstellen aus 10 g wasserlöslichem Anilinblau, 10 g Glyzerin und ca. 100 g Wasser. Rote Kopiertinte[31] läßt sich aus 10 g Diamantfuchsin, 10 g Glyzerin, 10 g Alkohol und 50 g Wasser erzeugen. Manchmal wird der Tinte ein wenig Gummiarabikum zugefügt. Um den Hektographen nach Gebrauch zu reinigen und die Schrift zu entfernen, genügt Abwaschen mit warmem Wasser, doch ist die Masse dann mit Fließpapier gut abzutrocknen. Bei den verbesserten Apparaten wird eine größere Rolle mit elastischer Leimmasse versehenen Zeuges verwendet und allmählich abgewickelt. Dadurch entfällt das Waschen der benutzten Masse, weil die Tinte während der Zeit, in der das betreffende Stück unbenutzt bleibt, unwirksam wird. Hektographenpapier zum steten Wechsel wird auf maschinellem Wege durch Ueberziehen starken Papiers mit Hektographenmasse hergestellt, indem das von einer Trommel laufende Papierband den regulierbaren Auslauf des durch ein Wasserbad warm erhaltenen Massebehälters passiert. Nach dem Erstarren wird zur Vermeidung des Anklebens der Rolle die Schichtseite mit Federweiß bestaubt, das vor der Benutzung mittels feuchten Schwammes zu entfernen ist. Im Sommer ist der Hektograph an einem kühlen Orte, im Winter an einem mäßig warmen Orte aufzubewahren. Erklärlicherweise besteht bei allen hektographischen Apparaten der große Nachteil, daß nach verhältnismäßig sehr wenigen satten Abzügen die Drucke immer blässer, schließlich fast unleserlich werden. Ferner sind alle mit Anilintinten hergestellten Drucke nicht lichtbeständig. Lichtbeständige und rücksichtlich der Farbstoffintensität stets gleich kräftige Drucke dagegen liefert der von seinem Erfinder Jacobsen Kollograph genannte, aber als Autokopist bekanntere Apparat, der sich vom Hektographen dadurch wesentlich unterscheidet, daß die Schrift oder Zeichnung mit Campechetinte oder mit einer aus Gummiarabikum, Eisenvitriol und Galläpfelextrakt hergestellten Tinte angefertigt und in der gewöhnlichen Weise durch Anreiben auf die schwach angefeuchtete Hektographenmasse übertragen, diese an den von der Tinte berührten Stellen gerbt, wodurch diese Massenteile fähig werden, von einer über die Platte geführten Walze die fette Druckfarbe anzunehmen, während die übrigen Partien, durch Wischen nach jedem Drucke feucht erhalten, sie abstoßen. Es kann eine ziemlich große Anzahl Abzüge hergestellt und die Platte sodann durch Behandeln mit heißem Wasser wieder neuerlich gebrauchsfähig gemacht werden.


Literatur: [1] Teelen, Anleitung zur Selbstanfertigung eines verbesserten Hektographen, Barmen 1883. – [2] Lehner, Die Tintenfabrikation und die Herstellung der Hektographen und Hektographiertinten, 4. Aufl., Wien 1890.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 31-32.
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