Kohäsion

[543] Kohäsion. Die Erfahrung lehrt, daß viele Körper einer Trennung oder[543] Verschiebung ihrer Teilchen Widerstände entgegensetzen. Anderseits beobachtet man, daß ein Zusammendrängen der Teilchen auf einen kleineren Raum zwar möglich ist, daß aber auch hierbei gewisse Kräfte überwunden werden müssen. Demnach treten uns innerhalb der Körper zweierlei Kräfte entgegen, die wir hier, ohne nach ihrer Herkunft zu fragen, »Anziehung« und »Abstoßung« nennen können. Je nachdem sich das Verhältnis zwischen Anziehung und Abstoßung beim Trennungsversuch stellt, wird der Widerstand gegen Trennung groß oder klein sein. Dieser Widerstand heißt Kohäsionskraft (Zusammenhangskraft) oder kurz Kohäsion. Die Kohäsion der bekannten Körper ist außerordentlich verschieden und kann durch äußere Kräfte, Wärme, chemische Einwirkungen Aenderungen erfahren (Hämmern, Walzen, Härten, Anlassen, Schmelzen, Verdampfen u.s.w.).

Bei festen Körpern wird durch jeden Versuch der Trennung die Anziehung bedeutend größer als die Abstoßung, die Kohäsion ist am größten und findet erst in der Fertigkeit (s.d.) des Materials ihre Grenze. Denkt man sich die Anziehung und damit auch die Kohäsion unendlich groß, so hat man den Begriff des starren Körpers. Bei flüssigen Körpern kann die Anziehung fast nicht größer als die Abstoßung werden, die Kohäsion ist so gering, daß schon kleinste meßbare Kräfte die Anordnung der Teilchen stören können. Denkt man sich die Anziehung genau gleich der Abstoßung, die Kohäsion also gleich Null, so hat man den Begriff der vollkommenen Flüssigkeit. Bei gasförmigen Körpern ist die Anziehung kleiner als die Abstoßung, die Kohäsion ist negativ, so daß sich die Teilchen nach allen Seiten auszubreiten streben. Denkt man sich die Anziehung gleich Null, so hat man den Begriff des vollkommenen Gases. Zwischen diesen wichtigsten und deshalb am meisten untersuchten Aggregatformen können erfahrungsgemäß mancherlei Uebergangsformen auftreten. – S.a. Elastizität, Fertigkeit, Härte, Fließen fester Körper, Reibung, innere, Gase, gasförmige Körper u.s.w. Mitunter findet man feste Körper und starre Körper als zusammenfallende Bezeichnungen erwähnt. Dabei ist nicht berücksichtigt, daß die festen Körper Formänderungen zulassen, während viele Untersuchungen in betreff derselben ohne Rücksicht auf Formänderungen, d.h. eben unter Voraussetzung starrer Körper, geführt werden können.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 543-544.
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