Luftpumpen [2]

[256] Luftpumpen für Schiffsmaschinen haben den Zweck, aus dem Kondensator die durch Undichtheiten eingedrungene Luft abzusaugen und das Kondensat in die Zisterne oder den Warmwasserkasten zu fördern.

Da wegen des Vakuums ein Hochsaugen von Wasser unmöglich ist, so muß die Luftpumpe so tief angeordnet werden, daß das Kondensat ihr zufließt. Während früher die Luftpumpen sowohl bei den Maschinen der Kriegsschiffe als auch der Handelsmarine an die Hauptmaschine angehängt und durch Balancier vom Kreuzkopf betrieben wurden, erhalten heute größere Maschinenanlagen meist selbständige Duplexluftpumpen mit besonderem Dampfantrieb nach den Systemen von Weir, Blake und Worthington, so daß auch bei stillstehender Maschine ein Vakuum gehalten werden kann. Die angehängten Luftpumpen sind stehend angeordnet, einfach wirkend und mit Fuß- oder Saugkolben und Kopf- oder Druckventilen versehen (s. die Figur); theoretisch würden Fuß- und Kolbenventile oder Kolben- und Kopfventile genügen; im Interesse eines dichteren Abschlusses werden die drei Ventilarten beibehalten [3], [4]. Bei der Luftpumpe Patent Edward sind nur Druckventile vorhanden; die Kolbenventile sind entbehrlich, da die Zylinderwandung Oeffnungen besitzt, über welche der Kolben hinweggleitet, so daß beim Freiwerden derselben durch das über dem Kolben entstandene Vakuum die Luft und das Kondensat aus dem Kondensator angesaugt wird [3]–[5].

Die Pumpengehäuse werden aus Gußeisen mit bronzenem Einsatzzylinder oder ganz aus Bronze gefertigt. Pumpenkolben, Kolbenstange, Ventile und Ventilsitze bestehen aus Bronze. Der Luftpumpenausguß ist meist mit einem Windkessel versehen. Von besonderer Bedeutung ist die Lage und Anordnung der Luftpumpenventile, da von diesen zum großen Teil der Wirkungsgrad der Luftpumpe abhängt. Die Fußventile müssen möglichst unter dem Boden des Kondensators liegen und derart angeordnet sein, daß sie bequemen Wasserzufluß vom Kondensator erhalten, sie müssen sich beim geringsten Ueberdruck von unten öffnen und sofort beim Niedergang des Kolbens – für vertikale Pumpen – schließen. Der Raum zwischen Fuß- und Kopfventilen muß möglichst klein sein, um beim Aufwärtsgehen des Kolbens ein gutes Vakuum zu erhalten. Der Wasserlauf vom Kondensator zur Zisterne muß möglichst kurz und gerade sein. Die Kopfventile müssen ein Ansammeln von Wasser auf denselben gestatten, damit sie besser dicht halten. Ueberdies müssen Ecken und Winkel, in welchen sich Luftsäcke bilden können, vermieden werden. Die Ventilklappen werden neuerdings, da die in den Kondensator dringenden Fette die Gummiklappen leicht zersetzen, aus Metall gefertigt. Sie bestehen aus dünnen Membranen aus Bronze in Scheibenform (Kinghorn), Glockenform (Thomson) oder aus gewelltem Blech (Beldam). Die Ventilquerschnitte sind so zu wählen, daß die mittlere Wassergeschwindigkeit in denselben 4–5 m pro Sekunde nicht übersteigt, die Wassergeschwindigkeit im Saugrohr beträgt 3–5 m, im Druckrohr 8–10 m pro Sekunde [1], [2], [4]–[6]. Die Hauptdimensionen der einfach wirkenden Luftpumpen ergeben sich aus der Gleichung f · s = C · Ni : n, worin f der Querschnitt des Pumpenzylinders in Quadratdezimetern, s der Kolbenhub der Pumpe in Dezimetern, Ni die indizierte Leistung der Maschine in Pferdestärken und n die Anzahl der Doppelhübe der Pumpe pro Minute sind. Die Konstante C beträgt bei Dreifach- oder Vierfachexpansionsmaschinen 3–4, bei Compoundmaschinen 5–6. Die Kolbengeschwindigkeit schwankt zwischen 1 bis 1,8 m bei Handelsdampfern und 1,5 bis 2,5 m bei Kriegsschiffen [4]–[6].

Die unabhängigen Luftpumpen von Weir, Blake oder Worthington besitzen zwei[256] doppelt wirkende Dampfzylinder mit Simplexsteuerung und zwei einfach wirkende und durch einen Balancier verbundene Pumpenzylinder. Vereinzelt wird die Luftpumpe mit der Zirkulationspumpe des Kondensators verbunden, und beide Pumpen werden dann von einem Dampfkolben gleichzeitig angetrieben [4]–[6].

Bei Turbinenschiffen wird neuerdings zur Erhöhung des Vakuums das Absaugen der Luft und die Förderung des Kondensats in der Weise getrennt, daß die Naßluftpumpe unten aus dem Kondensator, die Trockenluftpumpe aus dem Teile desselben saugt, in welchem die Luft am kältesten und daher am dichtesten ist. Die Goliathpumpe von Berling bildet eine Vereinigung von Trocken- und Naßluftpumpe [4], [7].


Literatur: [1] Busley, Die Schiffsmaschine, Kiel 1886. – [2] Seaton, A manual of marine engineering, London 1904. – [3] Bauer, G., Berechnung und Konstruktion der Schiffsmaschinen und -kessel, Berlin 1904. – [4] Klamroth, Leitfaden für den Unterricht in der Maschinenkunde, Berlin 1907. – [5] Wilda, H., Die Schiffsmaschinen, Hannover 1905. – [6] Bertin, L.E., Machines marines, Paris 1899. – [7] Berling, Neue Versuche über Oberflächenkondensation mit getrennter Kaltluft- und Warmwasserförderung, Jahrbuch d. Schiffbautechn Ges., Berlin 1904.

T. Schwarz.

Luftpumpen [2]
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 256-257.
Lizenz:
Faksimiles:
256 | 257
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Lueger-1904: Luftpumpen [1]