Registrierballons und -drachen

[635] Registrierballons und -drachen werden heute [1] sehr vielfach zum Studium der meteorologischen Elemente in den höheren Schichten der Atmosphäre benutzt.

Sie bieten den Vorteil der im Vergleich zu den Auffliegen bemannter Ballons geringen Kosten, und erstere vermögen sich auch zu bedeutend größeren Höhen zu erheben als bemannte Ballons, mit denen man bisher über 10800 m Höhe (Berson & Süring 31. 7. 01) nicht hinausgekommen ist, während die Registrierballons bis zu 30000 m gelangt sind. Zu den Registrierballonaufstiegen verwendet man kleine Gummiballons [2], deren Größe gerade zum Erreichen der gewünschten Höhe ausreicht, dort platzt dann der Ballon infolge des geringen äußeren Druckes. Ein Fallschirm oder die sich fallschirmartig ausbreitende geplatzte Hülle läßt die Registrierapparate langsam zur Erde linken. Nach einem anderen Verfahren werden zwei Ballons angewendet, die miteinander zu einem Tandem verbunden sind. Man richtet die Füllung so ein, daß nur einer derselben platzt, der andere verlangsamt durch seinen Auftrieb und durch seine Fallschirmwirkung den Fall der Registrierapparate, bleibt, da er an einer Schnur befestigt ist, über der Niedergangsstelle schweben und erleichtert so das Auffinden der Apparate.

Die Registrierinstrumente werden der niedrigen Temperatur der zu untersuchenden Luftschichten halber als Rußschreiber oder mit photographischer Registrierung ausgeführt. Die nebenstehende Figur zeigt einen solchen viel gebrauchten Apparat, der von der Firma I. & A. Bosch nach den Angaben von Hergesell gebaut wird, und der zur gleichzeitigen Aufzeichnung von Barometerstand, Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt der Luft bestimmt ist. Besondere Aufmerksamkeit erfordert bei diesen Apparaten die gute Ventilation und ihr sicherer Schutz gegen Strahlung, damit die Angaben auch mit den in unmittelbarer Nähe der Instrumente herrschenden Verhältnissen übereinstimmen. Beides ist bei dem abgebildeten Apparate gewährleistet, indem ersteres durch die Auf- bezw. Abwärtsbewegung des Ballons bewirkt und letzteres noch durch einen den ganzen Apparat umgebenden (abgenommenen) Schutzkasten gesichert wird.

Mit Hilfe von Drachen hat man Registrierinstrumente bis zu etwa 7000 m Höhe gesandt, indem man durch eine Reihe in Abständen hintereinander gehängter Drachen den sie haltenden Stahldraht abstützt. Man kann dann auch an jedem der Drachen einen Satz von Registrierinstrumenten anhängen und erhält dadurch gleichzeitige Angaben über den augenblicklichen Wert der meteorologischen Elemente in verschiedenen Luftschichten. Aufstiege von Registrierballons und Drachen finden fast täglich an den großen meteorologischen Stationen im Interesse des öffentlichen Wetterdienstes statt [3], [4], [5]. – Vgl. a. den Art. Meteorologie, aeronautische, S. 525 f.


Literatur: [1] Erster Pilotballonaufstieg: Hermite, Comptes Rendus; 115, 862, 1892. – [2] L. Teisserenc de Bort, Sur la température et ses variations dans l'atmosphère libre d'après les observations de 90 ballons sondes. C.R., August 1899. – [3] O. Steffens, Ballone und Drachen im Dienste der atmosphärischen Physik, der Astronomie und der Geophysik, in[635] Eroberung der Luft, Stuttgart 1912, S. 123–155. – [4] H. Rotzoll, Zur Verwendung von Pilotballons im Wetterdienst, Berlin 1912. – [5] Börnstein, Leitfaden der Wetterkunde, 3. Aufl., Braunschweig 1913.

R. Ambronn.

Registrierballons und -drachen
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 635-636.
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