Spirituslampen

[212] Spirituslampen, Vorrichtungen zum Brennen von Spiritus für Zwecke des Erhitzens.

Als Rohmaterial kommt in der Regel, bei Spiritusdampfbrennern ausschließlich, denaturierter Spiritus von 90–95 Vol.-Proz., bei einfachen Dochtlampen oder Freibrennern oft auch geringwertigerer Spiritus zur Verwendung. Flüssiger Spiritus muß rein, klar und wasserhell sein und darf außer dem Denaturierungsmittel keine fremden Bestandteile enthalten. 1 l Spiritus von 90 Vol.-Proz. wiegt rund 830 g. Die Aufbewahrung von Spiritus soll tunlichst in explosionssicheren Gefäßen erfolgen; für die feuersichere Lagerung größerer Mengen Spiritus bestehen in den deutschen Bundesstaaten besondere gesetzliche Bestimmungen. Das Abfüllen von Spiritus soll bei offenem Licht niemals vorgenommen werden, ein Eingießen oder Nachfüllen von Spiritus in eine brennende Lampe ist unter allen Umständen zu unterlassen. In fester Form, in welcher sich Spiritus insbesondere für bequemen Transport, zur Mitnahme auf Reisen, eignet, wird er unter dem Namen »Hartspiritus« und »Smaragdin« (in Würfeln) in den Handel gebracht. Trotz der größeren Feuergefährlichkeit und der verhältnismäßig hohen Kosten bei Verwendung von Spiritus werden Spiritusbrenner zu Heiz- und Kochzwecken in Haushaltungen des reinlichen Betriebes, der raschen Bereitschaft und in vielen Fällen auch der Bequemlichkeit sowie der meist einfacheren Bedienung wegen den Petroleumkochern vorgezogen. Als weiterer Vorteil kann die Geruchlosigkeit, die jedoch nur bei gut gebauten Brennern und reinem Rohmaterial erzielt wird, angesehen werden.

In den Spirituskochern älterer Bauart wurde der Brennstoff einfach in flachen Heizschalen verbrannt, die unter das Kochgestell geschoben wurden. Eine verbesserte Form dieser Freibrenner zeigt Fig. 1. Im Boden der Heizschale sind zwecks besserer Zufuhr der erforderlichen Verbrennungsluft Kanäle a angeordnet, wodurch eine raschere Verbrennung und stärkere Erhitzung erreicht wird. Mittels eines Löschdeckels b, der einen verschließbaren Ausschnitt c besitzt, kann die Flamme entweder gelöscht oder die brennende Oberfläche der Schale so weit abgedeckt werden, daß nur eine kleine Flamme als sogenannte Sparflamme zum Warmhalten weiterbrennt. Geeignete Verwendung fand dieser Brenner für kleinere Kaffee- und Teemaschinen, Kaffeeröstapparate sowie für Blitzlichtlampen zu photographischen Zwecken. Für Reifekocher wird der Hohlraum der Heizschale oft auch mit einer durch ein Messinggewebe festgehaltenen Asbestpackung ausgefüllt (Asbestlampen). In den bisher genannten und ähnlich gebauten einfachen Vorrichtungen wird Spiritus auch bei fast allen Dampfglühlichtlampen mit flüssigem Brennstoff zur Vorwärmung der Verdampfer, d.h. zur Einleitung der Verdampfung des Brennstoffes, benutzt.

Die eigentliche Spiritusdochtlampe wird als Glaslampe mit Tubus und Glasstöpsel (Fig. 2) für Laboratoriumsbrenner verwendet. Der volle Runddocht sitzt lose in der Dochthülle a. Brenner gleicher Art auf Behältern in verzierter Ausführung dienen auch als Zigarrenlampen, mit aufgesetztem, durchbrochenem Platinzylinder als Räucherlampen. Die häufigste Verwendung aber findet die einfache Spiritusdochtlampe als Anzündelampe. Fig. 3 zeigt einen Anzünder[212] für Gaslampen, Fig. 4 Stellt einen Zündstock mit Schutzhülle für Straßenlaternen dar; in Fig. 5 ist eine Anzündlampe für Gasglühlichtbrenner in Eisenbahnwagen abgebildet.

Wesentlich wirtschaftlicher als die bisher genannten Lampen arbeiten die irrtümlich mit Spiritus-Gaskocher bezeichneten Brenner, bei denen der Brennstoff zur Erzielung einer größeren Heizkraft zunächst verdampft wird und nur die Spiritusdämpfe, zum Teil mit Luft vermischt, verbrannt werden. Zu den Dochtlampen dieser Bauart gehören die Brenner Bauart Lang (Fig. 6). Das durch einen verstellbaren Hohldocht a beheizte Dochtrohr b umschließt einen festen Asbestdocht c, der die zu verdampfende Spiritusmenge ansaugt; die Spiritusdämpfe treten durch die Oeffnungen e aus und bilden nach dem Entzünden an der Hilfsflamme eine kräftige sternförmige Flamme. Für Siegellacklampen erhält das Dochtrohr b nur eine Düsenöffnung e, an der sich die Stichflamme ansetzt. Der Langsche Kocher bringt 1 l Wasser in etwa 12 Minuten zum Sieden; der Stundenverbrauch beläuft sich auf 150 g Spiritus bei voller Flamme und 30 g bei kleingestellter Flamme.

Matador-, Trumpf- und Triumphkocher (Fig. 7) sind ähnlich konstruiert, weisen aber einen besonders ausgebildeten Brennerkopf auf; die beiden letztgenannten Kocher arbeiten mit einer verstellbaren Hilfsflamme a, die zur Verdampfung des Brennspiritus unter die durchlochte Brennerplatte b gedreht wird. Nach dem System der Pintsch-Spiritusglühlichtlampe (vgl. Spiritusglühlicht) werden ebenfalls Kocher (Meteor u.a.) hergestellt, deren Brenner einer ständigen Hilfsflamme bedürfen. Bei dem Rustikuskocher (Fig. 8) wird die Bauart des Rustikusglühlichtbrenners (s. Spiritusglühlicht) verwertet, bei der sich eine leichte Regulierung der Flamme durch den Hebel a erzielen läßt; über dem eigentlichen Saugdocht sitzt ein Aufsatzdocht. Der zur Vorwärmung der Verdampferkammer erforderliche Spiritus wird durch eine Pumpe b dem Vorratsbehälter c entnommen und in die Vorwärmeschale d gebracht. 1 l Wasser von 15° C. kocht in 51/2 Minuten; Spiritusverbrauch in der Stunde 250 g. Brenner dieser Bauart oder auch einfache Dochtbrenner nach Art der Petroleumlustzuglampen werden auch zu Spiritusheizöfen benutzt, die in der gebräuchlichen tragbaren Form (vgl. Oellampen, Bd. 6, S. 770, Fig. 18) im Handel sind.

Zu den dochtlosen Kochern mit Spiritusdampfbrennern einfacher Ausführung gehören die nach Fig. 9 gebauten Lampen, deren Behälter jeweils nur zur Hälfte mit Spiritus gefüllt werden. Der in der inneren Schale a brennende Spiritus erwärmt deren Wandungen d und bringt so den im äußeren Ring b enthaltenen Spiritus zum Verdampfen, der so darin an den Oeffnungen c in Form von blauen Flämmchen verbrennt. Die offen brennende Flamme des inneren Behälters a wird nun durch Auflegen eines Deckels abgelöscht, da die Hitze der die Wandung d bespülenden Flämmchen zur Aufrechterhaltung der Verdampfung genügt. Der Brenner eignet sich seiner Einfachheit wegen gut als Reisekocher.

Nach dem Verdampferprinzip der Spiritusstarklichtlampen werden ebenfalls wirtschaftlich arbeitende Kocher (Brillant, Thermoid, Oekonom u.a.) hergestellt, die in der aus Fig. 10 ersichtlichen Form als Einzelkocher oder mit mehreren Verdampfern und gemeinsamen Behältern zu Kochplatten oder Herden vereinigt Verwendung finden. In dem Spiritusbehälter a hängt an dem Deckel b ein Meßkännchen c, dessen Inhalt, in die Vorwärmeschale d gebracht, genügt, das Verdampferrohr e anzuheizen. Der Brennspiritus fließt letzterem unmittelbar aus dem Vorratsbehälter a zu und wird in dem mit Asbestdocht oder Drahtfilter l ausgefüllten Rohr (Fig. 10a) verdampft. Nach dem Oeffnen des Ventils g strömt der Spiritusdampf durch die Düse h aus, vermischt sich mit Luft und verbrennt, indem er sich an der verlöschenden Vorwärmeflamme entzündet, über dem Brennerkopf i. Die Kochflamme läßt sich durch das Ventil g nach Belieben regulieren, kleinstellen und löschen. 1 l Wasser kocht in etwa 8 Minuten, 4 l in 25 Minuten; der Stundenverbrauch der vollen Flamme beträgt rund 240 g. Infolge der guten Leistung werden diese Brenner auch für Schnellwarmwasserbereiter und für Badeöfen benutzt. Auch Busenbrenner für Laboratorien werden nach diesem System gebaut; Behälter und Brenner sind dabei durch eine Schlauchleitung verbunden. Ferner lehnt sich an diese Brennerkonstruktion der [213] Verdampfer für die Beheizung von Bügeleisen an (Fig. 11), der, in gedrängter Form ausgeführt, zum Einhängen in den Bügelschuh eingerichtet ist.

Lötlampen und Lötapparate werden mit und ohne Luftdruckbetrieb für Spiritusheizung in ähnlicher Weise wie für Speisung mittels Benzin oder Petroleum gebaut.

Spiritusheizkamine in verschiedenster Ausstattung, ähnlich den Gasöfen, sind mit einem oder mehreren regulierbaren Dampfbrennern versehen, die aus einem gemeinschaftlichen, meistens auf der Rückseite der Oefen angebrachten Vorratsbehälter gespeist werden. – Wegen Bezugsquellen und Literatur vgl. Spiritusglühlicht.

H. Weber.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5.
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Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 10a.
Fig. 10a.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 212-214.
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