Spirituslacke

[211] Spirituslacke (alkoholische Lacke, Alkoholfirnisse, Spiritusfirnisse, Weingeistlacke oder Weingeistfirnisse), Auflösungen verschiedener Harze in Alkohol, häufig unter Zusatz von Aether, Chloroform, welche, aufgestrichen, das Lösungsmittel verdampfen lassen, so daß nur die Harzschicht zurückbleibt.

Vermöge ihrer Zusammensetzung und bei dem Mangel an elastischen Substanzen eignen sie sich nur zu ganz speziellen Zwecken, wie feineren Holzarbeiten, Leder, Papier, Metallen, und dürfen nie zu solchen Anstrichen verwendet werden, welche den Einwirkungen der Nässe und der Sonne ausgesetzt sind. Eine einzige Ausnahme bildet die Politur aus Schellack und Spiritus, welche selbst äußeren Einflüssen auf einige Zeit widersteht, weil beim Polieren trocknendes Oel mit derselben verrieben wird. Die Auswahl an Harzen ist ziemlich groß (Stocklack, Körnerlack und Schellack, Damar, Mastix, einige Kopale, Kolophonium, Akaroidharz, Drachenblut,[211] Gummigutt); alle diese Harze hinterlassen nach dem Verdampfen des Lösungsmittels eine sehr spröde Schicht, welcher man durch Zusatz von Weichharzen, Terpentin und Elemi, auch trocknenden Oelsäuren und Rizinusöl, einige Elastizität und Dauerhaftigkeit zu verleihen sucht. Freilich bleiben auch die Weichharze nur so lange elastisch, als sie ätherisches Oel enthalten. Der Hauptvorzug, welchen diese Lacke haben und welcher die Grundbedingung ihrer Anwendung bildet, ist, daß solche sehr schnell, ja fast momentan trocknen und sehr schönen hellen Glanz geben, welchen man durch nachträgliches Ueberreiben mit Leinöl noch ganz bedeutend erhöhen kann. – Die Herstellung der Spirituslacke ist bei der leichten Löslichkeit der Harze meistens eine sehr einfache; man nimmt von der Schmelzung der Harze Umgang. Viele Fabrikanten lösen solche einfach in gläsernen Flaschen durch Schütteln oder in andern entsprechend geformten Gefäßen durch Umrühren. Bei allen diesen Manipulationen ist der Verlust an Lösungsmitteln stets ein ziemlich bedeutender, welcher noch gesteigert wird, wenn man die Auflösung im Sand- oder Wasserbad zu befördern sucht. Das Klären der Spirituslacke geschieht in der Weise, daß man die fertigen Harzlösungen durch seinen Tüll oder grobe Leinwand seiht und dann der Ruhe überläßt, da sich ganz ebenso wie bei fetten Lacken die seinen festen Körperchen erst nach und nach zu Boden setzen oder aber, daß man sie filtriert. – Alle Spirituslacke müssen sehr dünnflüssig, leicht beweglich sein, nichtsdestoweniger aber so viele harzige Stoffe aufgelöst enthalten, daß ein einmaliges Auftragen derselben genügt, um eine glänzende Decke zu erzielen. Sie müssen ferner vollkommen klar und ohne Verunreinigungen sein, so daß sie selbst, auf Glas gestrichen, keine festen Körper erkennen lassen. Die Schellackpolituren allein sind trübe Flüssigkeiten, weil sich das Fett des Schellacks in Spiritus nicht löst.

Die Industrie verwendet ziemlich viel Spirituslacke, so z.B. zum Lackieren von Metallen farblos und in den verschiedensten Farben gefärbt (Goldlacke, Metallacke, Messinglacke, Brillantlacke), von Holz als Politurlack, von Papier- und Lederwaren (Sandaraclack, Buchbinderlack, Etuilack), von Leder (farblose, farbige Lederlacke), von Strohhüten (Strohhutlacke), von Schultafeln (Schultafellacke u.s.w.). Eine besondere Art von Spirituslacken sind die Spiritusmattlacke, die teils einen matten Ueberzug geben, teils die Eigenschaft besitzen, glänzende Lacküberzüge matt zu machen.


Literatur s. Lacke.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 211-212.
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