Ameisengäste

[420] Ameisengäste, in Ameisennestern lebende Tiere (hauptsächlich Käfer), deren unsre Holzameise (Lasius fuliginosus) 150, die rote Hügelameise (Formica rufa) 100 Arten beherbergt. Das Verhältnis dieser Tiere zu den Ameisen beruht auf Symphilie (gegenseitiger Zuneigung mit Pflege der Gäste), Synökie (indifferenter Duldung), Synechirie (feindlicher Einmietung mit Mimikry und Trutzformen) und Parasitismus. Dabei befinden sich aber unter den Symphilen (Myrmekophilen) arge Räuber, und von echten Schmarotzern werden verschiedene von den Ameisen willig gefüttert. Manche A. suchen in den Ameisennestern nur Obdach und zehren von den Abfällen, wie eine Assel, die Larven von Cetonia aurata und C. aenea und eines Blattkäfers (Clythra quadrimaculata). Zu den Symphilen gehören Kurzflügler (Staphyliniden), Zwergkäfer (Pselaphiden), Keulenkäfer (Clavigeriden) und Paussiden, in Europa Arten der Gattungen Claviger, Atemeles, Lomechusa, von denen manche sich gar nicht selbständig ernähren können, z. T. die Augen eingebüßt haben. Diese Käfer, die von den Ameisen sorgsam gepflegt werden, besitzen auf ihrem Rücken Drüsenhaare, deren Absonderung die Ameisen eifrig lecken, dabei frißt z. B. der blinde Keulenkäfer die Larven der Ameisen, und Lomechusa strumosa wird von den Ameisen selbst zu ihren Brutklumpen getragen, die der Käfer verspeist. Viele A. erleiden in den Nestern starke Veränderungen, sie werden den betreffenden Ameisen sehr ähnlich und schützen sich dadurch auf den Zügen der Ameisen vor Feinden, die letztere nicht angreifen. Zu den Schmarotzern gehören Zwergameisen, Milben, Borstenschwänze und Fadenwürmer. Lepisulina polypoda stiehlt den Honigtropfen, den eine Ameise eben einer andern hungernden von Mund zu Mund überliefern will, und in ähnlicher Weise verfahren manche Milben. Vgl. Wasmann: Beiträge zur Lebensweise der Gattungen Atemeles und Lomechusa (Haag 1888), Vergleichende Studien über A. und Termitengäste (das. 1890), Kritisches Verzeichnis der myrmekophilen und termitophilen Arthropoden (Berl. 1894) und Les Myrmecophiles et Termitophiles (Leiden 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 420.
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