Asowsches Meer

[880] Asowsches Meer (die Palus Maeotis der Alten), nach dem im nordöstlichsten Winkel gelegenen Flecken Asow (s. d.) benannt, ist ein Busen des Schwarzen Meeres (s. Karte »Mittleres Rußland«) und mit diesem durch die Straße von Jenikale oder Kertsch (den Kimmerischen Bosporus der Alten) verbunden. Es ist im W. vom Gouv. Taurien (Krim), im N. vom Gouv. Jekaterinoslaw, im NO. und O. vom Donischen und dem Kubangebiet begrenzt und hat einen Flächeninhalt von 37,605 qkm (683 QM.), wovon 108 qkm auf die Inseln entfallen. Es nimmt aus dem südlichen Rußland den ansehnlichen, fischreichen Don und die kleinern Flüsse Miuß, Kalmiuß, Berdjanka, Molotschnaja, aus der Krim den Salgyr, von O. die Jesa u.a. auf. Unter den Meerbusen ist vorzüglich merkwürdig das Faule Meer (s. d.) oder Siwasch, in das man durch die Meerenge von Genitschesk gelangt. Der Fischreichtum des Asowschen Meeres ist sehr groß und liefert jährlich bedeutende Quantitäten Leim, Kaviar, getrocknete und gesalzene Fische. Seine größte Tiefe beträgt nur 15 m und sinkt auf der Reede von Taganrog auf 3,5 m herab. Diese Seichtigkeit, verbunden mit dem Umstande, daß es vom November bis April meist mit Eis bedeckt und stets von heftigen Stürmen heimgesucht ist, setzt der Schiffahrt und dem Handel große Gefahren und Beschränkungen entgegen. Seine Zentralpunkte sind die Häfen von Berdjansk, Mariupol und besonders Taganrog (s. die einzelnen Artikel). Leider macht sich bei letzterm Hafen eine auffallende Abnahme des Meeres bemerklich, so daß größere Schiffe jetzt bis 30 km vom Lande entfernt ankern müssen. Genaue Messungen haben ergeben, daß das Niveau des Asowschen Meeres bei der Meerenge von Kertsch um 1,45 m höher liegt als das des Schwarzen Meeres. Im Mittelalter hatten Venezianer, Genuesen und Pisaner bedeutende Niederlassungen an seinen Küsten gegründet, unter denen Tana (s. Asow) die größte Handelsberühmtheit erlangte. Während des Krimkriegs wurde im Mai 1855 von den Westmächten eine Expedition unter Lyons und Canrobert nach Kertsch und dem Asowschen Meer unternommen, wobei viele russische Schiffe und mehrere Küstenplätze zerstört wurden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 880.
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