Backpulver

[234] Backpulver, Chemikalien, die dem Teig eines Gebäcks zugesetzt werden, um ihn beim Backen durch Entwickelung von Kohlensäure zu lockern. Seit langer Zeit benutzt man für feinere Backwaren statt der Hefe, die im Teig eine Gärung hervorruft, bei der Teigbestandteile zersetzt werden und Kohlensäure sich entwickelt, Hirschhornsalz (kohlensaures Ammoniak), das beim Backen sich vollständig verflüchtigt und durch seinen Dampf den Teig lockert, auch wohl mit im Teig vorhandener Säure Kohlensäure entwickelt. Für Pfefferkuchen und ähnliche Gebäcke benutzt man Pottasche (kohlensaures Kali). Man kann auch Weinsäure- oder Weinsteinpulver mit einem Teil des Mehles sehr innig mischen, dies mit dem übrigen Mehl zu Teig verarbeiten und nun schnell doppeltkohlensaures Natron hinzusetzen, das ebenfalls zunächst mit etwas Mehl sorgfältig gemischt wurde. Der Teig ist dann sofort in den Ofen zu bringen, wo ihn die entwickelte Kohlensäure austreibt. Für Brot eignet sich besser doppeltkohlensaures Natron mit Salzsäure, die bei ihrem Zusammentreffen im Teig Kohlensäure entwickeln und Kochsalz bilden. Auf 100 kg Schwarzmehl nimmt man 1 kg doppeltkohlensaures Natron, 4,25 kg Salzsäure von 1,063 spez. Gew. (9,5° B.), 1,75–2 kg Kochsalz und 79–80 Lit. Wasser; man erhält 150 kg Brot, das noch ganz schwach sauer reagiert. Das Natronsalz wird mit dem Mehl gemischt und die Salzsäure in das zum Einteigen bestimmte Wasser gegossen. Rationeller ist das Horsfordsche B., das aus einem Säurepulver (saurer phosphorsaurer Kalk mit wenig saurer phosphorsaurer Magnesia) und einem Alkalipulver (Gemisch[234] von doppeltkohlensaurem Natron mit Chlorkalium) besteht. Diese Salze sollen die in der Kleie verloren gehenden und doch dem Organismus zur Ernährung sehr nötigen mineralischen Bestandteile des Getreidekorns ersetzen. Beim Vermischen der Salze werden Kochsalz und phosphorsaures Kali gebildet. Das Horsfordsche B. gibt ein dem schönsten Bäckerbrot ähnliches Brot, wenn man das zu verarbeitende Mehl und Wasser in zwei Teile teilt, die eine Hälfte mit dem Säurepulver, die andre mit dem Alkalipulver zu Teig anknetet und dann beide Teigmassen sorgfältig vermischt. In Amerika kauft man auch Mehl als selfraising flour, das die Salze schon in richtigem Verhältnis beigemischt enthält und beim Ankneten mit Wasser sofort einen Teig gibt, der ohne weiteres ausgeht und im Küchenofen gebacken werden kann. Man kann mit Hilfe dieses Verfahrens in zwei Stunden aus Mehl fertiges Brot bereiten und erzielt in Anbetracht des größern Nahrungswertes dieses Brotes eine Ersparnis von 10 Proz. Durch die Bemühungen des Apothekers Oetker in Bielefeld ist das B. auch in Deutschland sehr populär geworden und wird jetzt in der Küche für allerlei Gebäck angewendet, da es vor dem alten Hefeverfahren viele Vorteile gewährt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 234-235.
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