Bonivard

[205] Bonivard (spr. -wār), Franz von, der »Gefangene von Chillon«, geb. 1493 in Seyssel aus einer savoyischen Familie, gest. 1570 in Genf, war seit 1510 Prior zu St.-Victor bei Genf. Befreundet mit Philippe Berthelier und Besançon Hugues, den Häuptern des Teiles der Genfer Bürgerschaft, der die Selbständigkeit der Stadt gegen den Herzog von Savoyen verteidigte, wurde er 1519 von diesem in Gex gefangen gesetzt, erhielt aber 1520 auf Bitten seiner Familie die Freiheit wieder. Da er mit Wort und Schrift fortfuhr, den savoyischen Absichten auf Genf entgegenzuarbeiten, ließ ihn der Herzog 1530 zum zweitenmal gefangen nehmen und warf ihn in die Kerkergewölbe des Schlosses Chillon, aus denen er erst 1536, als die Berner das Schloß eroberten, befreit wurde. Statt seines mittlerweile durch die Reformation aufgehobenen Stiftes erhielt B. von Genf ein Jahrgeld und schrieb im Auftrag der Regierung seine treffliche »Genfer Chronik« (»Les chroniques de Genève«, Genf 1831, 2 Bde.) sowie die Schrift »De l'ancienne et nouvelle police de Genève« (das. 1865), in der er die Gegner Calvins möglichst schwarz malte. B. war viermal verheiratet. Dadurch, daß er seine Büchersammlung der Stadt vermachte, legte er den Grund zur Genfer Stadtbibliothek. B. ist der Gegenstand von Byrons »The prisoner of Chillon«. Vgl. Chaponnière, Mémoire sur B. (Genf 1846); Vulliemin, Chillon, étude historique (3. Aufl., Lausanne 1863); Gaberel, Le château de Chillon et B. (Genf 1869); Rossel, Histoire littéraire de la Suisse romande, Bd. 1, S. 219–240 (das. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 205.
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