Boris Godunow

[227] Boris Godunow, Feodorowitsch, russ. Zar, geb. 1552 aus edlem tatarischen Geschlecht, spielte während der Regierung Iwans IV. eine Rolle und gehörte zu den Bojaren, die dem Zaren Feodor I. (1584–98) von seinem Vater beigeordnet worden waren. B. vermählte den Zaren mit seiner Schwester und führte bis zum Tode des Zaren die Regierung allein. Er gewann die Geistlichkeit, indem er die russische Kirche von Konstantinopel insofern unabhängig machte, als er das Patriarchat von Moskau schuf; der erste russische Patriarch Hiob war seine Kreatur. Zugunsten der Krone und des Adels hob er das Recht des freien Abzugs der Bauern auf (Ukas von 1597), die so zu Leibeignen der Grundherren wurden. 1591 beseitigte er des Zaren neunjährigen Halbbruder Dimitri (Demetrius), den einzigen männlichen Sprößling aus dem Hause Rurik, das mit Feodors Tode 1598 erlosch. Durch Wahl der Bojaren nunmehr auf den Thron gehoben, sicherte B. die Grenzen des Reiches durch Festungen und Schanzwerke, erbaute mehrere Städte, darunter Tobolsk, dehnte die Eroberungen in Sibirien aus und zog ausgezeichnete Fremde ins Land. Doch bald verheerten Hungersnot und Pest Rußland, das gleich darauf durch die Erhebung des falschen Demetrius (s.d.) in einen greuelvollen Bürgerkrieg gestürzt wurde. Schon rückten die Truppen des Prätendenten gegen Moskau, als B. 13. April 1605 plötzlich starb, vom Schlage getroffen oder an Gift, das er selber genommen. Sein 16jähriger Sohn Feodor Borissowitsch wurde von den Bojaren auf den Thron gehoben, bald aber von Verschwornen ermordet. Die Geschichte Boris Godunows ward von Puschkin dramatisch behandelt. Vgl. P. Pawlow, Godunow B. (russ., 1859).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 227.
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