Collier [2]

[227] Collier (spr. kolljer), 1) Arthur, engl. Philosoph, geb. 1680 bei Salisbury in Wiltshire, gest. 1732 als Rektor seines Geburtsorts, ist ein Vorgänger Berkeleys insofern, als er die idealistische Ansicht, daß die Existenz der sichtbaren Welt abhängig vom Geiste sei, nach seiner Aussage schon 1703 faßte und 1708 in einer ungedruckt gebliebenen Abhandlung niederlegte. Veröffentlicht wurde seine Lehre erst 1713 in der Abhandlung »Clavis universalis« (deutsch von Eschenbach, 1756). C. wurde über Berkeley fast vergessen und erst 1837 durch Benson und Parr wieder hervorgezogen. Vgl. Benson, Memoirs of the life of A. C. (Lond. 1837).

2) John Payne, engl. Literarhistoriker und Bibliograph, geb. 11. Jan. 1789 in London, gest. im September 1880 in Maidenhead, Sohn des Herausgebers des »Monthly register«, wurde Advokat, dann Journalist bei dem »Morning chronicle«. Durch seine Heirat (1816) in den Stand gesetzt, seinen literarischen Neigungen zu folgen, begann er das Studium der Dramatiker aus der Zeit Shakespeares und half in Verbindung mit Lamb, Hazlitt u. a. die Werke eines Peele, Greene, Nash, Lodge, Middleton, Marlowe, Webster etc. der Vergessenheit entreißen. Im »Poetical Decamerone« (Edinb. 1820, 2 Bde.) gab er Gespräche über jene Dichter. Er besorgte eine vermehrte Ausgabe von »Dodsley's old plays« (1825); in einem Supplementband teilte er fünf noch unbekannte alte Dramen mit. Sein Hauptwerk ist die »History of dramatic poetry« (Lond. 1831, 3 Bde.; neue Ausg. 1879, 3 Bde.). Der Herzog von Devonshire, ein großer Bücherfreund, machte ihn zu seinem Bibliothekar, und viele andre Privatbüchersammlungen standen ihm ausnahmsweise offen. In der des Grafen Ellesmere fand er Aktenstücke, die er als »New facts regarding the life of Shakspeare« (Lond. 1835) veröffentlichte. Daran schloß sich seine Shakespeare-Ausgabe (1842–41). Bereits Schatzmeister der Camden Society und Direktor der (alten) Shakespeare-Gesellschaft, wurde C. jetzt auch zum Schriftführer der königlichen Untersuchungskommission über die Verwaltung des Britischen Museums ernannt und erhielt aus der Zivilliste einen jährlichen Ehrensold von 100 Pfd. Sterl. Großes Aufsehen erregten 1852 seine »Notes and emendations to the text of Shakspeare's plays«, die sich auf angeblich aus der ersten Hälfte des 17. Jahrh. stammende Randbemerkungen in einer alten Folioausgabe Shakespeares stützten, aber als Fälschungen erwiesen (vgl. Ingleby, Complete view of the Shakspeare controversy, Lond. 1861). Von seinen Arbeiten sind noch hervorzuheben: »A book of Roxburgh ballads« (Lond. 1847); »Memoirs of the principal actors in the plays of Shakspeare« (das. 1846); »Bibliographical account of rare books« (das. 1865); »Illustrations of old English literature« (das. 1866, 3 Bde.) und eine Ausgabe von Spenser (1861). Er war ein unermüdlicher Arbeiter, aber nicht von strenger Wahrheitsliebe.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 227.
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