Denkverse

[642] Denkverse (lat. Versus memoriales), Verse, die zum leichtern Einprägen von Regeln, geschichtlichen Daten u. dgl. dienen. Sie verdanken ihren Ursprung der Beobachtung, daß Rhythmus und Reim starke Hilfen (Brücken) für das Gedächtnis sind. In der spätlateinischen, mittelalterlichen und humanistischen Pädagogik sehr beliebt, verloren sie in der neuern Zeit in dem Maß an Geltung, in welchem das Verfahren des Unterrichts sich auf tiefere psychologische Erkenntnis gründete. Bekannt sind die hier und da noch in der Grammatik gebräuchlichen Kasus- und Genusregeln, namentlich der lateinischen Sprache; ferner die logische Regel: Asserit A, negat E, sed universaliter ambo; asserit I, negat O, sed particulariter ambo; die rhetorischen: Quis, quid, ubi, per quos, quoties, eur, quomodo, quando, und: Quis, quid, cur, contra, simile et paradigmata, testes (sogen. Chrie); die Übersicht der sieben freien Künste: Gram. loquitur, Dia. vera docet, Rhe. verba colorat, Mus. canit, numerat Ar., Geo. ponderat, As. colit astra, und der Zeichen des Tierkreises: Sunt aries, taurus, gemini, cancer, leo, virgo, Libraque, scorpius, arcitenens, caper, amphora, pisces. Vgl. Cisio-Janus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 642.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika