Deschanel

[664] Deschanel (spr. däschanell), 1) Emile, franz. Schriftsteller, geb. 14. Nov. 1819 in Paris, Zögling der Normalschule, wurde infolge seiner Schrift »Catholicisme et socialisme« (1850) seines Lehramtes in Paris enthoben, hielt dann in Brüssel sehr besuchte literarische Vorlesungen, deren Ruf ihm voranging, als er 1859 nach Paris zurückkehrte, so daß auch durt seine Vorlesungen bald zu den beliebtesten gehörten. Seit 1876 Abgeordneter, ward er 1881 zum Professor der neuern Literatur am College de France und zum [664] Senator auf Lebenszeit ernannt. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: »Histoire de la conversation« (1857); »Les courtisanes grecques« (1859); »Le mal et le bien qu'on a dit des femmes« (7. Aufl. 1867); »Causeries de quinzaine« (literarische, durch Originalität der Charakteristik anziehende Kritiken, 1861); »Physiologie des écrivains et des artistes« (1864); »Études sur Aristophane« (1867, 3. Aufl. 1892); »Le peuple et la bourgeoisie« (1881); ferner u. d. T.: »Le romantisme des classiques« eine Sammlung seiner Vorlesungen in 5 Bänden: »Corneille, Molière« (1882), »Racine« (1884), »La Rochefoucauld, Bossuet, Pascal« (1885), »Le théâtre de Voltaire« (1886), »Boileau, Ch. Perrault« (1888), »Lamartine« (1893, 2 Bde.) und »Les Réformateurs de la langue française« (1898).

2) Paul, franz. Schriftsteller und Politiker, Sohn des vorigen, geb. 13. Febr. 1856 in Brüssel, studierte die Rechte, wurde Unterpräfekt in mehreren Arrondissements und 1885 in die Abgeordnetenkammer gewählt. Hier schloß er sich den gemäßigten Republikanern an, ging aber mehr und mehr zu den Klerikal-Nationalisten über. Seine elegante Beredsamkeit und sein repräsentatives Wesen veranlaßten 1897–1901 seine wiederholte Wahl zum Kammerpräsidenten. Aber im Juni 1902 fiel er gegen den radikalen Bourgeois durch. Seit 1899 ist er Mitglied der Akademie. Er schrieb: »La question du Tonkin« (1883), »Les intérêts français 'dans le Pacifique« (1885), »Orateurs et hommes d'Etat« (1888), »Figures de femmes« (1889), »Figures littéraires« (1889), »La question sociale« (1898) und gab seine Reden u. d. T. »Questions actuelles« (1891) heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 664-665.
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