Desintegrātor

[670] Desintegrātor (Schleudermühle, Stiftenmühle, Schlagstiftenmaschine), von Carr erfundene, seit 1862 bekannte Maschine zur Zerkleinerung aller Arten nicht faserigen Materials, besteht aus zwei gegenübersitzenden Scheiben AB (s. Abbild.), die sich mit großer Geschwindigkeit in entgegengesetzter Rich tung mit horizontalen Achsen a, b drehen und mit in konzentrischen Kreisen stehenden Stäben i, i versehen sind, die fast von einer Scheibe bis zur andern reichen, aber nur an dem einen Ende befestigt sind.

Desintegrator.
Desintegrator.

Das zu zerkleinernde Material wird der Maschine im Mittelpunkte der Scheiben durch einen Rumpf R zugeführt und alsbald durch die Zentrifugalkraft nach außen getrieben. Dabei langt es nach immer wiederholtem, heftigem Zusammenprallen mit den Stäben zerkleinert an der Peripherie der Scheiben an. Der D. wirkt also lediglich durch Stoß, denn da die Stäbe sich nicht gegenseitig berühren, so kann von einem Mahlen durch Reibung zwischen zwei Flächen nicht die Rede sein. In einem D. von 1,25 m Durchmesser ist bei 400 Umdrehungen in der Minute die Geschwindigkeit jedes Schlagstabes im innersten Ring 16 m, im zweiten 19, im dritten 22 und im vierten 25 m in einer Sekunde. Trifft nun ein Teilchen von einem Schlagstab auf einen andern des nächsten Ringes, der in entgegengesetzter Richtung sich bewegt, so wird es mit der Differenz der Geschwindigkeiten weiter und endlich an die Peripherie S geschleudert und von der Umhüllung aufgefangen werden, aus der unten eine Transportschnecke s das Material fortnimmt. Durch die wiederholte teilweise Aufhebung der Geschwindigkeiten wird die Kohäsion des in die Maschine gebrachten Materials überwunden. Die Leistung ist eine so außerordentliche, daß man den D. in vielen Fällen verwenden kann, wo gewöhnliche Mühlen versagen. Am häufigsten findet er Benutzung zum Zerkleinern von Quarz, Ton, Knochen, Erzen Kohlen (zur Fabrikation von Briketts), Zucker, Zement, Schamotte, Porzellanerde, in der Düngerfabrikation, aber auch als Mahlmühle für Getreide (Dismembrator) und zum Schroten. Indem man den Trommeldurchmesser vergrößerte, ward es möglich, die Umdrehungszahlen für die stark beanspruchten Wellen zu vermindern. Desintegratoren der gewöhnlichen Größe von 1 m Durchmesser verarbeiten mit einer Betriebskraft von 7 Pferdekräften durchschnittlich 7000 kg Rohmaterial zu Pulver von ganz bedeutender Feinheit. Der D. dient ferner als Mischapparat für verschiedene Tonsorten, als Vorbereitung für Maschinen, die trocknen Ton zu verarbeiten, oder für Ziegelmaschinen, die grubenfeuchtes Material zu formen haben. Vgl. Th. Carr, History and description of the desintegrating flour mill (Birmingham 1872); Kick, Die Mehlfabrikation (3. Aufl., Leipz. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 670.
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