Durchgehen

[298] Durchgehen (der Pferde). Bei durchgehenden Pferden scheint der Gehirnzustand bis zu dem Augenblick, wo sie wieder unter die Herrschaft des Lenkers kommen, ein nicht normal er zu sein, denn ein durchgehendes Pferd ist derart direktionslos, daß es auch gegen Mauern, Feuer, Wasser, Pfähle u. dgl. anläuft, denen es sonst ausweicht. Die Gangart, in der das D. ausgeführt wird, ist meistens die Karriere. Die Ursachen des Durchgehens sind Schreck, Furcht, Übermut, falsche oder unkundige Führung, unpassende Beschirrung oder Zäumung und der daraus oder aus andern Ursachen entstehende Schmerz. Besonders zu scharfe Zäumung gibt häufig Anlaß zum D., bei Wagenpferden zu scharfes Aufsetzen für längere Zeitdauer oder Touren. Im Gleichgewicht stehende Pferde sind seltener zum D. geneigt, als schlecht oder wenig dressierte. Rationelle Mittel gegen das D. sind daher nur fachmännische Dressur und Führung sowie korrekte Zäumung und Beschirrung, wenn nicht etwa geistige[298] oder körperliche Veranlagungen (Furchtsamkeit, Schreckhaftigkeit, Nervosität, schlechter Rücken, ungünstige Verbindung des Halses mit dem Kopfe) die selten abzustellende Ursache dafür bilden. Besondere Mittel oder Vorrichtungen gegen das D. für Reitpferde werden fast gar nicht verwendet, für Wagenpferde hat man empfohlen: 1) Apparate, die im Augenblick der Gefahr infolge eines kurzen Handgriffs die Pferde vom Wagen loslösen (Ausspannvorrichtung), so daß dieser zwar stehen bleibt, die fortstürmenden Pferde selbst jedoch der Gefahr starker Beschädigung, bez. ferner anzurichtenden Unheils ausgesetzt sind; 2) Blendvorrichtungen, bei denen die Lichtentziehung das Stillstehen der Pferde bewirken soll; 3) Apparate zur Entziehung der Luft (durch Schließen der Nüstern oder einen Druck gegen die Kehle, so daß die Pferde infolge Atemmangels zu Boden stürzen); 4) Apparate, welche die Pferde so scharf herbeizäumen, daß sie in dieser Stellung nicht weit mehr laufen können; 5) elektrische Apparate, bei denen die Elektroden Pferden in die Nüstern gesetzt werden; 6) Gebißkonstruktionen, die im gegebenen Moment besonders scharf wirkend angewendet werden können. Eines der praktischsten Mittel gegen das D. wird stets eine gute Bremsvorrichtung am Wagen bilden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 298-299.
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