Elektrische Spannkraft

[655] Elektrische Spannkraft. Wenn eine dehnbare Kugel, z. B. eine Seifenblase, elektrisiert wird, sucht sie sich infolge der gegenseitigen Abstoßung der auf der Oberfläche angehäuften elektrischen Massen auszudehnen. Ein gleiches Expansionsbestreben besitzt auch die Ladung auf einem starren Konduktor. Den auf die Flächeneinheit wirkenden elektrischen Druck nennt man e. S. Ist h die Dichte der Elektrizität (s. Elektrische Dichte) in Coulomb für 1 qm, so beträgt dieser Druck p = (9.109)/9,81.2π.h2 Kilogramm. Für eine Kugel vom Radius R mit Q Coulomb Ladung ist h = Q/(4πR2), somit p = (9.109.Q2.10-4)/(8.π.R4) Atmosphären. Beispielsweise sucht sich eine Seifenblase von 2 cm Durchmesser, die auf 10,000 Volt geladen wird, da ihre Kapazität = 0,01/(9.109), Farad, somit ihre Ladung = 1/9.10-7 Coulomb ist, auszudehnen mit der Spannkraft 1/720π Atmosphären = 4,42 mm Wasserdruck. Einen Druck von dieser Größe müßte man von außen auf die Seifenblase wirken lassen, oder um so viel müßte man den innern Druck in derselben vermindern, wenn die Ausdehnung infolge der Elektrisierung verhindert werden sollte. Da der Druck umgekehrt proportional der vierten Potenz des Kugelradius ist, nimmt er mit Vergrößerung der Kugel sehr rasch ab, dagegen mit Verkleinerung enorm zu. Werden zwei Kugeln von den Radien R, und R2 auf gleiche Spannung (s. Elektrische Spannung) mit Q1, bez. Q2 Coulomb geladen, ist also 9.109.Q1/R1 = 9.109Q2/R2, so verhalten sich die Spannkräfte p1:p2 wie R22:R12 d.h. umgekehrt wie die Quadrate der Radien. Die gleiche Spannung kann z. B. dadurch bewirkt sein, daß die Kugeln durch einen Draht zu einem System verbunden sind. Ebenso ändern sich für einen beliebigen Konduktor die Spannkräfte längs der Oberfläche derart, daß sie an stärker gekrümmten Stellen beträchtlich größer sind.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 655.
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