Poténz

[232] Poténz (lat.), Wirkungs-, Leistungsfähigkeit, inwohnende Kraft. Namentlich wird das Wort P. in der Mathematik gebraucht und bedeutet hier zunächst ein Produkt aus lauter gleichen Faktoren, z. B. nennt man das Produkt: 2.2.2.2 die vierte P. von 2 und allgemein, wenn a irgendeine unbenannte Zahl ist, bezeichnet man das Produkt: a.a.a... (m-mal, wo m irgendeine positive ganze Zahl ist) als die mte P. von a und schreibt dafür kurz: am (gelesen: a hoch m oder: a auf der mten); dabei nennt man a die Grundzahl (Basis) und m den Exponenten der P. Das ganze Verfahren nennt man Potenzieren oder »a auf eine P. erheben«. Für die niedrigsten Potenzen hat man besondere Namen, die zweite, dritte, vierte P. von a heißen der Reihe nach Quadrat, Kubus, Biquadrat von a; die erste P. von a ist a selbst. Für Potenzen mit positiven ganzzahligen Exponenten gelten die Rechenregeln: Potenzen mit gleicher Grundzahl multipliziert man, indem man die Exponenten addiert, also: am.an = am+n, und: Eine P. potenziert man, indem man die Exponenten multipliziert, also: (am)n = amn. Es hat sich nun als zweckmäßig herausgestellt, auch Potenzen mit negativen und mit gebrochenen Exponenten einzuführen. Zu diesem Zwecke setzt man: 1 dividiert durch am also: 1:am gleich a-m, und unter a1/m versteht man die Zahl, deren mte P. gleich a ist, d. h. die mte Wurzel (s. d.) aus a, für die man sonst m√a schreibt. Dementsprechend setzt man: (a1/m)n = an/m, und weil (a1/m)m = a ist, so wird dann (an/m)m = an, somit auch: (an)1/m = an/m. Hieraus folgt nun, daß die Rechenregeln: am.an = am+n und: (am)n = am.n, zu denen man für die Division noch die Regel: am:an= am-n fügen kann, ganz allgemein gelten, wenn m und n beliebige positive oder negative ganze Zahlen oder Brüche sind. Insbesondere ergibt sich am:am = 1 = am-m = a0, also ist die nullte P. einer Zahl immer gleich 1. Das Potenzieren läßt zwei Umkehrungen zu: 1) das Radizieren, bei dem die Zahl x gesucht wird, die, auf eine gegebene P. (die mte) erhoben, eine gegebene Zahl b gibt, die also der Gleichung: xm = b genügt;

(da sich aber diese Zahl x als P. in der Form: x = b1/m schreiben läßt, so erscheint das Radizieren nur als ein besonderer Fall des Potenzierens, wenn man dieses in seiner allgemeinen Bedeutung faßt; 2) kann man zu einer gegebenen Zahl a den Exponenten x suchen, auf den sie erhoben werden muß, um eine gegebene Zahl b zu liefern, diese Aufgabe, die Auflösung der Gleichung ax = b, führt auf die Rechnung mit Logarithmen (s. d.). Genaueres in den Lehrbüchern der Arithmetik und Algebra, z. B. Stolz und Gmeiner (Leipz. 1902). – In der Mechanik versteht man unter mechanischen Potenzen (einfachen Maschinen) diejenigen Vorrichtungen, aus denen alle eigentlichen Maschinen zusammengesetzt sind, nämlich den Hebel, als eigentlichen Hebel, als Rolle und als Rad an der Welle, und die schiefe Ebene, als festliegende schiefe Ebene, als Keil und als Schraube. – In der Medizin ist P. (potentia generandi) soviel wie Zeugungskraft; im weitern Sinne des Wortes sind potenzierende und depotenzierende Einflüsse alle diejenigen, die eine Steigerung oder Minderung der vitalen Funktionen des Organismus hervorrufen. So wirken die Narkotika depotenzierend, die Exzitantia potenzierend auf das Nervensystem. Über P. in der Homöopathie s. d. (S. 524).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 232.
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