Floquet

[700] Floquet (spr. flŏkä), 1) Pierre Amable, franz. Gelehrter und Geschichtschreiber, geb. 9. Juli 1797 in Rouen, gest. 6. Aug. 1881 in Formentin, war 1828 bis 1843 Greffier am obersten Gerichtshof in Rouen und ward 1839, nachdem er seine »Anecdotes normandes«herausgegeben, zum korrespondierenden Mitglied der Akademie der Inschriften ernannt. Seine Studien erstreckten sich zunächst über seine engere Heimat, die Normandie, so in seiner »Histoire du parlement de Normandie« (Rouen 1840–43, 7 Bde.) und in den »Etudes sur la vie de Bossuet« (1855, 3 Bde.), denen sich die Schrift »Bossuet, précepteur du Dauphin« (1864) anschloß. F. gab auch »Œuvres inédites de Bossuet« (1828) heraus.

2) Charles Thomas, franz. Politiker, geb. 5. Okt. 1828 in St.-Jean-de-Luz, gest. 18. Jan. 1896 in Paris, ließ sich 1851 in Paris als Advokat nieder; er plaidierte in einer großen Zahl politischer Prozesse und beteiligte sich an der Redaktion radikaler Zeitungen. Auch machte er sich dadurch bekannt, daß er 1867, als Kaiser Alexander II. von Rußland in Paris den Justizpalast besuchte, diesen mit den Worten: »Vive la Pologne, Monsieur!« begrüßte. 1871 wurde er zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt und bemühte sich, während des Kommuneaufstandes in Paris zwischen den Aufständischen und der Versailler Regierung einen Frieden zu vermitteln. 1872 wurde er zum Munizipalrat von Paris und 1876 zum Mitglied der Deputiertenkammer erwählt, in der er sich der äußersten Linken anschloß und als trefflicher Redner bald großen Einfluß erlangte, und deren Präsident er 1885–88 wurde. Vom 3. April 1888 bis 13. Febr. 1889 leitete er das Ministerium, das den Boulangismus bekämpfen und eine gemäßigte Verfassungsrevision durchführen sollte. Mit Boulanger, den er auf das schärfste angriff, hatte er 13. Juli 1888 ein Duell, in dem er den General verwundete. 1889 ward er wieder Präsident der Kammer. Da ihm aber nachgewiesen wurde, daß er sich von den Leitern der Panamagesellschaft bedeutende Summen zur Unterstützung der Regierungswerkzeuge hatte ausfolgen lassen, wurde er 10. Jan. 1893 nicht wieder zum Kammerpräsidenten, später jedoch zum Senator gewählt. Vgl. »Discours et opinions de M. Charles F.« (hrsg. von Faivre, Par. 1885, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 700.
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