Flußgeschwelle

[733] Flußgeschwelle, derjenige Teil des Unterlaufes eines in das Meer mündenden Flusses, in dem sich die Gezeiten (aestus) bemerkbar machen, das Ästuarium in seiner ursprünglichen Bedeutung. In solchen Flußläufen beobachtet man häufig ein sehr schnelles Eindringen der Fl ut, während das Wasser nach dem Erreichen seines höchsten Standes nur langsam wieder abfließt. So steigt z. B. die Gezeit bei Newnham am Severn in 11/2 Stunde vom niedrigsten bis zum höchsten Wasserstand und fällt dann wieder 11 Stunden lang bis zum niedrigsten Niveau. Bei dem Ein dringen der Flutwelle in die Mündung des Flusses schiebt sich das schwere Seewasser keilförmig unter das leichtere, oben noch abfließende Süßwasser und ergießt sich bei dem Passieren seichter Stellen in schäumender Brandung flußaufwärts; unter Umständen erreicht diese Flutbrandung in der Form einer Wassermauer eine Höhe bis zu 5 m, z. B. im Tsien-tang kiang in China. In der Seine nennt man diese Erscheinung Bare, in der Gironde Mascaret oder Raz de marée, im Amazonenstrom Pororoca, im Ganges, wo sie mit großer Gewalt auftritt Bore. Bei Springzeiten und günstigen lokalen Verhältnissen dringt die Flutwelle oft weit hinein in den Fluß, so in die Elbe[733] bis 150 km, in die Weser bis 70 km, in den Amazonenstrom über 300 km. S. auch »Ebbe und Flut«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 733-734.
Lizenz:
Faksimiles:
733 | 734
Kategorien: