Fuselöle

[226] Fuselöle, Produkte von eigentümlichem Geruch, die bei der Vergärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten neben Alkohol entstehen, weniger flüchtig sind als dieser und dem aus der vergornen Flüssigkeit dargestellten Destillat, dem Spiritus, einen charakteristischen Geruch verleihen. Ost bildet dieser Geruch ein angenehmes Aroma (Kognak, Rum) und verleiht dann dem Spiritus erhöhten Wert; in andern Fällen aber ist er höchst widerlich (Kartoffelbranntwein, Rüben-, Krappspiritus), wird dann Fusel oder Fuselöl im engern Sinne genannt und beeinträchtigt den Wert des Spiritus. Die F. sind nicht in den der Gärung unterworfenen Materialien enthalten, sondern Produkte der Gärung. Beschaffenheit der Rohmaterialien, Temperatur und Verlauf der Gärung, Gegenwart gewisser Körper scheinen auf die Bildung der F. von Einfluß zu sein. Alle F. sieden bei höherer Temperatur als Alkohol und Wasser, und daher ist bei der Destillation stets der zuletzt übergehende Spiritus am reichsten an Fuselöl. Bei je niedrigerer Temperatur der Alkohol aus der gegornen Flüssigkeit abdestilliert werden kann, um so reiner ist er. Man entdeckt daher auch Fuselgehalt in Spiritus, wenn man eine Probe in einer Schale langsam verdunsten läßt. Reiner Spiritus hinterläßt einen geruchlosen Rückstand, während der von unreinem Spiritus starken Fuselgeruch besitzt. Die meisten F. bestehen aus Alkoholen und Estern der Fettsäurereihe; Butyl-, Propyl- und Amylalkohol, Kaprin-, Kapryl- und Pelargonsäure sowie deren Ester kommen am häufigsten vor, neben ihnen auch Körper, die den ätherischen Olen oder Fermentölen (s.d.) gleichen. Kartoffelfuselöl enthält als Hauptbestandteil Amylalkohol, außerdem normalen Propylalkohol, Isobutylalkohol etc., geringe Mengen freier Fettsäuren, Ester der Kaprinsäure, Pelargonsäure, Kapryl-, Kapron-, Butter- und Essigsäure, Furfurol und Basen. Reiner Amylalkohol (s.d.) wird daher auch gereinigtes Fuselöl genannt. Getreidefuselöl ist, je nach der Getreideart wenigstens, in den Mischungsverhältnissen seiner Bestandteile verschieden. Man fand darin Amylalkohol, Hexylalkohol, ein Terpen und Terpenhydrat, die den eigentümlichen Geruch und Geschmack des Kornbranntweins zu bedingen scheinen. Getreidefuselöl ist bei gewöhnlicher Temperatur schmierig, talgartig, grünlichbraun, schmilzt zu einer gelben Flüssigkeit von betäubendem Geruch und wird zur Darstellung wohlriechender Ester benutzt. Weinfuselöl (Weinöl) ist das sogen. Drusenöl (s.d.) und darf nicht verwechselt werden mit den Körpern, die den Weinen ihre Blume geben. Rübenfuselöl, in den Destillationsprodukten aus gegorner Melasse, riecht unangenehm und hat, wie es scheint, sehr verschiedene Zusammensetzung. Die Fettsäuren und deren Ester, die man darin findet, rühren großenteils von dem Fett her, das man den Rübensäften beim Verkochen zusetzt, um das Schaumen zu verhindern. Dies Fett wird von den vorhandenen Alkalien verseift, die Seife geht in die Melasse über, und beim Ansäuern derselben entwickeln sich die fetten Säuern. Rübenfuselöl dient ebenfalls zur Darstellung wohlriechender Ester. Im Fuselöl des Rums fand man Palmitinsäure, Pelargonsäure und etwas Pelargonäther. Über die Reinigung des Spiritus vom Fuselöl (Entfuseln) s. Spiritus. Vgl. Sell, Über Branntwein (Berl. 1888) und Über Kognak, Rum und Arrak (das. 1891); Windisch, Über die Zusammensetzung der Trinkbranntweine (in den »Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamt«, das. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 226.
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