Schal

[683] Schal (v. persisch-arab. Chalat oder Chyl'at: das dem Günstling vom Fürsten verliehene Ehrenkleid, wozu im Orient ehemals auch der S. und daraus gefertigte ärmellose Umhänge gehörten), große quadratische oder länglich-viereckige (Longschals) Tücher, die zuerst im 15. Jahrh. von Webern Turkistans in Kaschmir (Kaschmirschals) aus der feinsten und weichsten tibetanischen Ziegenwolle gewebt wurden; ihre Nachahmung in Europa begann zu Anfang des 19. Jahrh.: zuerst durch Bellanger, wesentlich verbessert durch Ternaux in Paris (Ternauxschals), 1810 durch Blümel in Wien, um diese Zeit auch in Berlin, bis nach 1850 eine andre Mode die sehr verbreitete Benutzung dieser Longschals oder Umschlagetücher aufgab. Die Herstellung der echten Kaschmirschals, die auch im Ursprungsland von 40,000 Webstühlen mit 120,000 Arbeitern auf 1000 Stühle heruntergegangen ist, geschieht paarweise und beruht auf mechanischer Handweberei an hochstehender Kette; man erzeugt einzelne Streifen, die durch Stopfen zu viereckigen Tüchern zusammengesetzt werden; seltener wird diese Art der Schals nachträglich bestickt. Die Musterung erfolgt nach einer vom Schalmeister entworfenen Patrone, deren Zeichen nur er versteht, und wonach er den Arbeitern Farbe und Art des Einschlags diktiert; sie folgen ihm, ohne zu wissen, welche Zeichnung entsteht, indem sie mittels hölzerner Nadeln oder Klöppelspulen, deren jede nur eine Farbe der Wolle enthält, ihren Faden den Umrissen des Musters auf der linken Seite des Stoffes nachgehen lassen. Letzteres besteht in der Hauptsache aus Formen der indischen [683] Palme, deren Inneres aus seinen Ranken mit zierlichem Blütenwerk in symmetrischer Anordnung dicht gefüllt erscheint; die Borten (vgl. Tafel »Weberei«, Fig. 23) sind in ähnlicher Weise einfacher gemustert. In gleicher Art der Wirkerei werden in Kaschmir auch Fußdecken und gewöhnlichere Zeuge hergestellt. Die europäischen Nachahmungen der S. werden mit Hilfe besonderer Einschlagfäden nach Art der broschierten und lanzierten Stoffe aus Kaschmirwolle oder Kammgarn, auch mit seidener oder baumwollener Kette hergestellt. Geringere Arten werden auf Seide oder Wolle gedruckt; sie sind in neuerer Zeit durch die gedruckten Corahs und Libertyseiden als Dekorations- und leichtere Möbelstoffe wieder in Aufnahme gekommen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 683-684.
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