Gavarni

[395] Gavarni, Paul (eigentlich Sulpice Guillaume Chevalier), franz. Zeichner, geb. 13. Jan. 1804 in Paris, gest. 23. Nov. 1866 in Auteuil bei Paris, war zuerst Mechaniker, dann Kostümzeichner und veröffentlichte im Journal »Les gens du Monde«, später im »Charivari« eine Reihe von Zeichnungen, hauptsächlich Lithographien in kleinerm Format, von großer Originalität und Frische des Geistes, welche die modernen Pariser Gesellschaftszustände in sittenbildlicher, bisweilen satirischer Auffassung schildern. Andre Darstellungen Gavarnis aus dem Kreise der vornehmern Stände bringen eigentümliche novellistische und komödienartige Szenen mit ergötzlichem Pathos und heiterer Laune zur Anschauung. Frei von bitterm Sarkasmus, geißelte er mehr tändelnd und neckend die Gebrechen und Torheiten des Lebens. Obschon seine Zeichnungen den Eindruck machen, als wären sie nur leicht hingeworfen, sind doch alle Details getreu dem Leben nachgebildet. Ein anhaltendes Naturstudium ermöglichte G., immer Neues zu produzieren. 1849 machte er eine Reise nach England, wo er das Elend des Londoner Proletariats in vielen Zeichnungen darstellte. Er verlor darüber seine Heiterkeit und konnte sie auch in Frankreich nicht mehr wiederfinden. Die Darstellungen, die er nun von Zeit zu Zeit in der »Illustration« und einigen andern Journalen veröffentlichte, erfreuten sich nicht mehr der alten Popularität. Eine Auswahl seiner ungemein zahlreichen Zeichnungen in Holzschnitten, mit Text von Jules Janin, Gautier, Balzac u. a., erschien u. d. T.: »Œuvres choisies de G.« (Par. 1845–48, 4 Bde.), eine andre als »Perles et parures par G.« (1850, 2 Bde.). G. hat auch viele Prachtwerke illustriert, unter andern Eugen Sues »Juif errant«. Vgl. Armelhault und Bocher, L'œuvre de G., catalogue raisonné (Par. 1873); Duplessis, G., étude (1876); Edm. Goncourt, G. (2. Aufl. 1879); Forgues, G. (1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 395.
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