Guicciardīni

[502] Guicciardīni (spr. gwitschar-), 1) Francesco, ital. Geschichtschreiber, geb. 6. März 1483 in Florenz, gest. 23. Mai 1540, studierte in Padua, wurde in seiner Vaterstadt Rechtslehrer und Advokat, sodann 1512–1513 Gesandter am Hofe Ferdinands des Katholischen. Später übertrug ihm Papst Leo X. die Verwaltung von Modena und Reggio, die G. auch unter Hadrian VI. behielt, unter Clemens VII. aber 1523 mit der der Romagna vertauschte. 1534 nach Florenz zurückgekehrt, gehörte er zu den Beratern Alessandros de' Medici und trug nach dessen Ermordung zur Erhebung des Herzogs Cosimo bei. Als er dann aber eine verfassungsmäßige Einschränkung der Herzogsmacht erstrebte, verlor er allen Einfluß und lebte in seinen letzten Jahren zumeist auf seiner Villa zu Arcetri. Sein geschichtliches Hauptwerk, »Istoria d'Italia«, das die Ereignisse von 1492–1534 behandelt, erschien zu Florenz 1561–64, erlebte in 50 Jahren 10 Auflagen und wurde in die meisten europäischen Sprachen übersetzt. Seine Zuverlässigkeit wurde damals überschätzt, es ist z. T. nicht original und nicht immer unparteiisch; meisterhaft sind die psychologischen Entwickelungen in den Discorsi. Die beste Ausgabe besorgte Rosini (Pisa 1819, 10 Bde.; deutsch von Sander, Darmst. 1843–47, 3 Bde.), die neueste Botta in der »Storia d'Italia« (Par. 1832, 6 Bde., u. Mail. 1875, 4 Bde.). Neuerdings gab Canestrini die »Opere inedite« (Flor. 1857–67, 10 Bde.) heraus; davon verdient die 1509 verfaßte Geschichte von Florenz (1378 bis 1509) besondere Hervorhebung. Guicciardinis Leben beschrieb Pomp. Pozzetti in den »Opuscoli letterati di Bologna«, Bd. 3 (1820). Vgl. Benoist, Guichardin, historien et homme d'État (Marseille 1862); L. v. Ranke, Zur Kritik neuerer Geschichtschreiber (2. Aufl., Leipz. 1875); Gioda, G. e le sue opere inedite (Mail. 1880); Zanoni, Vita pubblica di F. G. (Bologna 1896); A. Rossi, Franc. G. e il governo fiorentino (das. 1896–1900, 2 Bde.).

2) Francesco, Graf, ital. Staatsmann, geb. 1851 in Florenz aus der Familie des vorigen, unternahm, nachdem er in Pisa die Rechte studiert hatte, ausgedehnte Reisen, wurde dann Bürgermeister der Gemeinde Montopoli und 1882 in die Deputiertenkammer gewählt, wo er dem Zentrum angehörte. Unter Depretis war er vom Juli 1884 an eine Zeitlang Generalsekretär im Minsterium für Handel und Ackerbau, wurde dann Bürgermeister von Florenz und 10. März 1896 zum Minister für Handel und Ackerbau im zweiten Kabinett Di Rudini ernannt. Im Dezember 1897 trat er mit diesem zurück.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 502.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika