Kefīr

[801] Kefīr (Kapir, vom türk. Kef, »Wohlbefinden«, moussieren der Milchwein), ein von den Tataren des nördischen Abhanges des Kaukasus aus Kuhmilch dargestelltes, gegorenes und noch gärendes Getränk. Als Ferment, das die Gärung einleitet, dienen die KefirkörnerHirse des Propheten«), erbsen- bis bohnengroße weißliche Klümpchen, die aus Zooglöahaufen von Bakterien (angeblich Dispora caucasica), gemischt mit dem Milchsäurebazillus und Hefepilzen, bestehen. Übergießt man diese Körner mit etwa der 6–7fachen Menge Milch, läßt bei mittlerer Temperatur stehen und schüttelt gelegentlich, so tritt alsbald Gärung ein, wobei der Milchzucker in Milchsäure, Alkohol und Kohlensäure, das Kasein großenteils in Hemialbumose verwandelt wird. Man mischt nach 24 Stunden den abgegossenen K. mit der doppelten Menge frischer Milch, füllt ihn in starke Flaschen, die gut verkorkt und verbunden und wiederholt umgeschüttelt werden müssen, und kann nach einem, zwei oder drei Tagen (schwacher, mittelstarker oder starker K.) den fertigen K. (Flaschenkefir) trinken. K. ist weißlich, ziemlich dickflüssig, reich an Kohlensäure und von angenehmem süßsäuerlichen Geschmack, reicher an Eiweißstoffen, aber ärmer an Alkohol und Milchsäure als Kumys. Der Flaschenkefir schmeckt milder und angenehmer als der von Kefirkörnern abgegossene. Im Kaukasus füllt man den K. nicht in Flaschen, sondern in Schläuche aus Ziegenhaut (Burdjukkefir). Man benutzt K. als leichtverdauliches, sehr nahrhaftes Getränk bei Magen- und Darmkrankheiten, chronischen Lungenleiden, Blutarmut, Bleichsucht, Skrofulose und läßt innerhalb 5–6 Wochen allmählich steigende Mengen genießen. Die Kefirkörner können dreimal ohne weiteres mit Milch angesetzt werden, dann aber muß man sie mit reinem Wasser sorgfältig auswaschen. Vgl. Dimitrijew, K. oder Kapir (deutsch, Hannov. 1884); Podwyssotzki, Kefir (deutsch, Petersb. 1884); Gebhard, Über K., seine Bedeutung und therapeutische Verwendung (Würzb. 1884); Theodoroff, Historische und experimentelle Studien über den K. (das. 1886); Eckervogt, K., seine Darstellung aus Kuhmilch (Neuwied 1890); Weiß, K., kaukasischer Milchwein (Wien 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 801.
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