Kerkápoly

[850] Kerkápoly, Karl, ungar. Politiker und Gelehrter, geb. 13. Mai 1824 zu Szent Gal im Veszprimer Komitat, gest. 31. Dez. 1891 in Budapest, studierte in Pápa, Preßburg und Halle, bis die Ereignisse von 1848 ihn in die Heimat zurückriefen. Krankheitshalber nahm er aber an den Kämpfen nicht teil. Nach Beendigung der Revolution trat er die Professur der Philosophie am reformierten Kollegium in Pápa an, die er bis 1865 bekleidete. Inzwischen hatte er 1859 den 1. Band seiner »Világtörténelem« (»Weltgeschichte«) veröffentlicht und wurde infolgedessen zum Mitgliede der ungarischen Akademie gewählt. Als 1859 das gegen die Autonomie der protestantischen Kirche in Ungarn gerichtete kaiserliche Patent erschien, trat K. mit dem Buch »Protestáns egyházalkotmány« (»Protestantische Kirchenverfassung«) dagegen auf. 1863 ordnete er seine philosophischen Schriften, von denen jedoch nur zwei: »Ismerettan« (»Erkenntnislehre«) und »Gondolattan« (»Denklehre«), erschienen. 1865 ward er im Enyinger Bezirk (Veszprim) zum Reichstagsabgeordneten gewählt und zählte zu den eifrigsten und tüchtigsten Mitgliedern der Deákpartei. Er zeichnete sich als Redner aus und ward wegen seiner Vielseitigkeit bei den meisten Kommissionsarbeiten in Anspruch genommen. Nach dem Schluß des Reichstags (1868) ward er zum Staatssekretär im Landesverteidigungsministerium ernannt. 1870 schloß er als Finanzminister im Kabinett Andrássy die drückende Schatzbondsschuld mit dem Rothschildkonsortium ab. Die Angriffe der Opposition nötigten ihn schließlich, 1873 seine Entlassung zu nehmen und sich auf die Professur der Staatswissenschaften an der Pester Universität zurückzuziehen. Seine »Publizistischen Arbeiten aus den Jahren 1865–1868« (in ungarischer Sprache) erschienen 1869. Vgl. die Denkrede von Jul. Kautz (1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 850.
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