Kerker

[850] Kerker (v. lat. carcer), Gefängnis, sodann auch gebräuchlich für die in diesem Gefängnis zu verbüßende Freiheitsstrafe selbst. Deutschland kennt gegenwärtig keine Kerkerstrafe mehr, wohl aber noch Österreich und Italien. Österreich unterscheidet je nach der Strenge zwei Grade, den einfachen K. und den schweren K. Während der wichtigste Unterschied früher darin bestand, daß der zu schwerem K. zweiten Grades Verurteilte Fußeisen bekam und die bürgerlichen Ehrenrechte verlor, ist seit 1867 nur noch eine Verschärfung des Kerkers durch Fasttage, Tragen von Sträflingskleidern etc. erlaubt. Die Verurteilung zu schwerem K. hat außerdem den Verlust des Adels zur Folge. Politische Gefangene genießen beim Vollzug der Kerkerstrafe eine Reihe von Begünstigungen. Die Dauer des Kerkers ist entweder eine lebenslängliche oder eine zeitliche. Letztere hat als Strafminimum 3 Monate, als Maximum 20 Jahre. An Stelle der lebenslänglichen Kerkerstrafe tritt bei noch nicht 21 Jahre alten Individiuen eine Kerkerstrafe von 10–20 Jahren. Italien hat 1889 an Stelle der Todesstrafe und der lebenslänglichen Zwangsarbeit lebenslängliche Kerkerstrafe (ergastolo) mit denkbar größten Härten eingeführt. Ähnlich ist in einzelnen Kantonen der Schweiz die schwere Kerkerstrafe (»unterirdisches Gefängnis ohne Lichtzutritt«) an Stelle der Todesstrafe getreten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 850.
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