Lingaïten

[573] Lingaïten, Name einer Religionspartei im südlichen Indien, wo sie viele Millionen Anhänger zählt, begründet von Basava im 12. Jahrh. zu dem Zweck, die Vischnuiten und die bis dahin im Dekhan noch mächtige Religion der Dschaina (s. d.) zu verdrängen. Seinen Dogmen nach will der Lingaismus nur eine Wiederherstellung der durch die Dschaina verdrängten Çiva-Religion sein, hat aber dabei manches Neue aufgebracht. Die L. verehren den volkstümlichen Gott Çiva unter der Form des Linga, d.h. des männlichen Gliedes als des Symbols der schaffenden Naturkraft, und tragen das Symbol in einem silbernen Büchschen bei sich. Ein andres Abzeichen ist ein oblatenförmiges farbiges Mal auf der Stirn. Die Organisation des Lingaismus ist dem Buddhismus ähnlich; besonders die Opposition gegen die Vorrechte der Brahmanenkaste und die Stellung der Mönche (Dschangamas) ist dem Buddhismus analog. Die Verehrung des Çiva streift aus Monotheistische, eine mystische Versenkung in Çiva ist das höchste Ziel der Frommen. Die kanaresisch geschriebenen Purânas, das Basava-Purâna und das Tschanna-Basava-Purâna, enthalten die Sagen über die Entstehung dieser Partei und ihre Lehre. Nach der verbreitetsten Ansicht stammt der Lingadienst von den nicht-arischen (dravidischen) Bewohnern Indiens. Vgl. Kittel, Über den Ursprung des Lingakultus (Basel 1876); A. Weber, Indische Streifen, Bd. 3, S. 471 ff.; Würth, Über das Religionssystem der L. (im Baseler »Missionsmagazin«, 1853, S. 78 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 573.
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