Minimalfläche

[876] Minimalfläche, jede durch eine gegebene geschlossene Kurve gehende Fläche, bei der das von dieser Kurve eingeschlossene Flächenstück kleiner ist als bei jeder andern durch die Kurve gehenden Fläche. Ist die betreffende Kurve eben, so ist die M. nichts andres als die Ebene der Kurve. Die Oberfläche einer Flüssigkeit, auf die keine äußern Kräfte wirken, ist stets eine M. Das hat Plateau benutzt, in dem er eine aus Draht gebildete geschlossene Kurve in Glyzerinseifenwasser eintauchte und dadurch experimentell Minimalflächen herstellte (vgl. seine »Statique expérimentale et théorique des liquides«, Par. u. Gent 1873, 2 Bde.). Die Aufgabe, alle Flächen zu bestimmen, die Minimalflächen sein können, hat zuerst Lagrange gelöst, indem er 1761 zeigte, daß diese Flächen einer gewissen partiellen Differentialgleichung genügen. Aus dieser geht hervor, daß eine M. überall sattelförmig gekrümmt ist, aber es ist ziemlich schwierig, die durch eine gegebene Kurve gehenden Flächen[876] zu finden, die dieser Differentialgleichung genügen. und noch schwieriger festzustellen, welche unter diesen Flächen wirklich im strengsten Sinn eine M. ist. Man versteht daher unter Minimalflächen schlechthin meistens einfach die Flächen, die der Lagrangeschen Differentialgleichung genügen. Die Bestimmung der allgemeinsten M. in diesem Sinne hat zuerst Monge gegeben, aber erst durch die Untersuchungen von Enneper, Weierstraß und besonders Lie hat die Mongesche Lösung eine praktisch brauchbare Form erhalten.

Fig. 1. Gemeine Schraubenfläche.
Fig. 1. Gemeine Schraubenfläche.

Die einfachste M. nächst der Ebene ist die gemeine Schraubenfläche a b c d (Fig. 1); es gibt ferner eine Rotationsfläche, die M. ist, nämlich das Katenoid (die Plateausche Fläche), das durch Umdrehung einer Kettenlinie entsteht. Besteht die begrenzende Kurve aus vier Kanten eines regelmäßigen Tetraeders, so erhält man eine von H. A. Schwarz bestimmte M., die in Figur 2 dargestellt ist; A B C D sind die Ecken des Tetraeders, die auf der Fläche gezeichneten Kurven sind Krümmungslinien (s. Indikatrix), sie zerlegen die Fläche in lauter kleine Quadrate.

Fig. 2. Schwarzsche Minimalfläche.
Fig. 2. Schwarzsche Minimalfläche.

Vgl. Darboux, Leçons sur la théorie des surfaces (Par. 1887–96, 4 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 876-877.
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