Nachblutung

[356] Nachblutung, ein nach Verletzungen oder Operationen einige Stunden oder mehrere Tage nach Stillung der ersten Blutung wiederauftretender Bluterguß. Bei Verletzten und Operierten, bei denen durch die Verletzung, bez. durch die Narkose, die Herzkraft herabgesetzt war, tritt eine nur unbedeutende Blutung ein, die bald steht und die Anlegung eines Verbandes gestattet. Kehrt bei der Erholung die normale Herzkraft zurück, so beginnt die Wunde aufs neue zu bluten. Eine N. entsteht ferner, wenn einmal eine zu knapp angelegte Unterbindung abgleitet oder wenn eine Unterbindung bei größern Gefäßen zu früh, d.h. ehe sich über der Unterbindungsstelle in der Ader der feste, den Verschluß nach Abfall der Naht dauernd bewirkende Blutpfropf (thrombus) gebildet hat, durchschneidet. Bei Quetschwunden kann ein Teil einer Gefäßwand mitbetroffen werden; das gequetschte Gewebe stirbt dann ab, und plötzlich durchbricht der Blutstrom die abgestorbene Stelle. Eine N. kann auch bei größern eiternden Wunden vorkommen, in deren Nähe größere Schlagadern liegen. Da bei Durchtrennung einer großen Schlagader das Gebiet des peripheren Gefäßstückes durch Erweiterung der miteinander kommunizierenden, oberhalb und unterhalb der Durchtrennungsstelle abgehenden Seitenäste mit dem zentralen Schlagaderstumpf in Verbindung bleibt, so kann die Blutung, bez. eine N. nur durch sorgsame Unterbindung beider Enden verhindert werden. Eine an sich weniger gefährliche N., wenn auch sonst meist von übler Vorbedeutung, ist die parenchymatöse N. bei Entartung der Gewebe infolge von Skorbut, Septichämie oder auch infolge von Hämophilie. Dabei erfolgt eine gleichmäßige, wenig energische Blutung aus den wuchernden Granulationen. Eine ähnliche, als phlebostatisch bezeichnete N. kommt vor, wenn in der Umgebung einer Wunde der Rücklauf des ven ofen Blutes gehemmt ist und das gestaute durch zahllose Kapillarzerreißungen sich den Weg nach außen bahnt. Die Behandlung der arteriellen N. besteht in sofortiger Kompression der Wunde oder des zuführenden Gefäßstammes, dann in Unterbindung des blutenden Gefäßes. Bei den parenchymatösen Blutungen genügt die Anwendung von Eis, von mit Eisenchlorid getränkter Watte, von Tannin, oder die Anwendung von Druck, eventuell auch das glühende Eisen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 356.
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