Niëllo

[671] Niëllo (ital., v. lat. nigellus, schwärzlich), Verzierung auf Silber, seltener auf Gold, in neuerer Zeit auch auf Kupfer, Bronze, Zinn oder einer weißen Legierung, besteht in eingravierten oder durch Stahlplatten eingepreßten, mit einer schwarzen Metallmischung aus Kupfer, Blei und Schwefel oder mit Lackmasse ausgefüllten Zeichnungen. Nach Plinius sollen die Ägypter diese Metallmischung aus Silber und Schwefel zu gleichen Teilen und 1/3 Kupfer dargestellt haben. Im Mittelalter und in der Renaissancezeit setzte man der Masse auch Blei hinzu. Man schmelzt die Mischung, pulvert sie nach dem Erstarren, bedeckt damit das zu niellierende Metall, das mit schwacher Boraxlösung angefeuchtet wurde, und erhitzt es, bis das Pulver geschmolzen ist. Von dem erkalteten Metall wird die schwarze Masse abgeschabt, so daß nur die vertieften Stellen noch davon erfüllt bleiben. Endlich wird das Ganze abgeschliffen und poliert. Zur Herstellung von galvanoplastischem N. überzieht man die Metallgegenstände mit Ätzgrund, graviert in letztern Zeichnungen und vertieft diese durch Ätzen. Dann füllt man die Züge galvanoplastisch mit Kupfer, wäscht den Ätzgrund ab und schleift und poliert die Oberfläche. Die Goldschmiede nahmen von den Gravierungen Abdrücke in Schwefel oder auf Papier, um den Fortschritt des Ätzens zu kontrollieren, und auf diese Weise sollen die in verschiedenen Kupferstichsammlungen aufbewahrten Niellen, die man fälschlich mit der Vorgeschichte der Kupferstecherkunst (s. d.) in Verbindung gebracht hat, entstanden sein; doch sind diese Niellen meist verdächtig, und es handelt sich wohl nur um spätere Abdrücke von Kupferplatten, deren Gravierungen sich von schwarzem Grund abheben. Das N. wurde im Mittelalter zur Verzierung von allerlei Gegenständen angewandt, und im 15. Jahrh. blühte die Kunst besonders in Italien, wo Finiguerra (s. d.) ein hervorragender Meister war. Vom 16. Jahrh. an verschwand das N. allmählich aus der europäischen Goldschmiedekunst, während es im Kaukasus zur Verzierung silberbeschlagener Waffen sich erhielt. Gegenwärtig hat die Nielloarbeit ihren Hauptsitz im Innern von Rußland und in Indien. Am bekanntesten sind die in Tula in Rußland verfertigten silbernen Tabaksdosen, Schmuckwaren etc. (Tulametall, Tulaware), vorzüglicher aber sind die Fabrikate von Wologda und Ustjug Weliki. Eine besondere Anwendung findet das N. zur schwarzen Ausfüllung der Ziffern und Teilstriche des Minutenkreises auf metallenen Uhrzifferblättern sowie zur Emaillierung goldener Uhrgehäuse. Seit Mitte des 19. Jahrh. fertigte Wien viel Tulawaren, und Lustig erfand ein Verfahren, nach dem mit dem N. Einlagen von mehrfarbigem Gold verbunden wurden (Goldmosaik). S. auch Tafel »Ornamente IV«, Fig. 10. Vgl. die Schriften von Benvenuto Cellini (s. d.) und Duchesne, Essai sur les nielles, gravures des orfèvres florentins du XV. siècle (Par. 1826). – Niëlleur (spr. -lör), Niellierer, Verfertiger von Nielloarbeiten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 671.
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