Bronze

[454] Bronze (franz., spr. brongs', verdeutscht: brongße), Legierungen des Kupfers mit Zinn oder mit Zinn und Zink und etwas Blei. Bronzeartige Legierungen wurden vielleicht zuerst in dem erzreichen Gebiet zwischen Ural und Altai oder in Babylonien dargestellt und kamen von dort über Vorderasien nach Europa. Diese Bronzen, die dem Bronzealter (s. Metallzeit) den Namen gaben, bestehen im wesentlichen aus 90 Proz. Kupfer und 10 Proz. Zinn. Alte indische Bronzen sind Kupferzinklegierungen, die in Europa erst in der römischen Kaiserzeit auftraten. Es kommen aber auch alte Antimonbronzen vor, und die alten Erzkünstler haben wohl das schwer schmelzbare Kupfer mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Materialien für ihre Zwecke brauchbarer zu machen gesucht. Die besten Resultate gab Zinn; wo dies aber fehlte, benutzte man auch Blei-, Zink-, Antimon- oder Arsenerze, wie manche alte Bronzen, z. T. von sehr komplizierter Zusammensetzung, zu beweisen scheinen. Antike B. (aes Brundusinum, so genannt von den Metallwerkstätten zu Brundusium, dem heutigen Brindisi, in Italien) enthält bisweilen auch Blei und zufällig Zink, Eisen und wenig Silber. Alte indische Bronzen enthalten bis 8 Proz. Eisen und altjapanische Silber und Gold. Moderne B., vielfach zu Bildsäulen, Büsten, Ornamenten, Luxusgeräten etc. benutzt, besteht aus Kupfer und Zink mit Zusatz von Zinn und Blei; doch kommt auch reine Kupferzinklegierung im Handel als B. vor und eine Kupferaluminiumlegierung als Aluminiumbronze (s. Aluminiumlegierungen). Echte B., Kupferzinnlegierung, wird gegenwärtig fast nur zu Glocken, Geschützen, Metallspiegeln, Münzen, Medaillen und Maschinenteilen benutzt. Diese Legierungen sind dichter, härter, politurfähiger, klingender, schmelzbarer und geeigneter zum Guß als reines Kupfer, vom spez. Gew. 8,87 (bei 86,2 Proz. Kupfer) bis 7,39 (bei 21 Proz. Kupfer). Die absolute Festigkeit ist gering, die Legierung mit 9,1 Proz. Zinn (Kanonengut) ist die stärkste und festeste von allen, die Dehnbarkeit nimmt mit dem Kupfergehalt ab. Die Härte wächst mit dem Zinngehalt, und eine Legierung mit 27,9 Proz. Zinn läßt sich nur schwer mit der Feile bearbeiten; ebenso steigt die Sprödigkeit mit dem Zinngehalt, und am sprödesten ist B. mit 50 Proz. Zinn. Taucht man B. glühend in Wasser, so wird sie hämmerbar, biegsam, zuweilen zäh, außerdem dunkler und erhält bedeutend tiefern Klang. Durch Erhitzen und langsames Abkühlen erlangen die angelassenen Sachen ihre frühere Härte wieder. B. ist mit 99–90 Proz. Kupfer kupferrot oder dunkel rotgelb, mit 88 Proz. orangegelb, mit 85 Proz. rein gelb, mit 80 Proz. gelblichweiß, von da an weiß, bei 50–35 Proz. grauweiß, bei noch geringerm Kupfergehalt wieder weiß und zinnähnlich. Beim Erstarren scheiden sich aus kupferreichen Bronzen leicht zinnärmere strengflüssige von zinnreichern leichtflüssigen. Legierungen mit 67,7, mit 50 und 33,3 Proz. Kupfer sollen stets homogen bleiben. Blei macht B. leichtflüssiger, zäher, leichter feil- und drehbar, befördert aber auch die Ausscheidung des Kupfers. Eine viel verwendete japanische B. besteht aus 81,62 Kupfer, 4,61 Zinn und 10,21 Blei, während unsre Bronzen kaum mehr als 4 Proz. Blei enthalten. Dieser hohe Bleigehalt gibt der B. im Laufe der Zeit eine besonders prachtvolle Patina, erschwert aber die Bearbeitung, namentlich das Gießen. Durch wenig Eisen wird B. härter, zäher und weniger zur Blasenbildung geneigt, mehr als 2 Proz. Eisen ist nachteilig. Ähnlich verhält sich ein Zusatz von 2 Proz. Zink, größerer Zinkgehalt erhöht die Farbe und nähert die B. dem Messing. Über den Einfluß des Mangans auf die B. s. Manganlegierungen. Glockenmetall (Glockengut, Glockenspeise) besteht durchschnittlich aus 78–80 Proz. Kupfer und 22–20 Proz. Zinn, gewöhnliche Glockenspeise aus 60 Proz. Kupfer und 40 Proz. Zinn, das Metall der Gongs und deutschen Becken aus 78 Kupfer und 22 Zinn, das der türkischen Becken aus 78,55 Kupfer, 20,28 Zinn, 0,54 Blei und 0,18 Eisen. Diese Legierung ist hart, fest, spröde, auf der Drehbank nicht zu bearbeiten, vom spez. Gew. 8,368. Kanonenmetall (Kanonengut, Geschützmetall, Stückgut) besteht aus 90,9 Kupfer und 9,1 Zinn oder aus 90,1 Kupfer und 9,9 Zinn und muß große Elastizität, Zähigkeit, Härte und chemische Beständigkeit besitzen. Es entmischt sich leicht beim Guß, und die Geschützgießerei erfordert besondere Vorsichtsmaßregeln. Sehr vorteilhaft erweist sich der Guß in eisernen Schalen. Stahlbronze von Uchatius (Hartbronze) wird ebenfalls in Koquillen gegossen. ist goldfarbig, homogen und erlangt, wenn man sie durch Walzen kalt streckt, die Festigkeit, Elastizität und Härte des Stahles. Durch ein eigentümliches Verfahren (Einpressen von stärkern Stahlzylindern in die Seele) erhält auch die Wandung der Seele bei den Geschützen aus dieser B. stahlartige Beschaffenheit, und die Widerstandskraft des Materials wird vollständig ausgenutzt. Für neue österreichische Geschütze benutzt man eine im Wiener Arsenal erfundene Schmiedebronze. Bronzen zu Münzen und Medaillen enthalten 5–12 Proz. Zinn, die englische oft ein wenig Blei oder Zink. Der beträchtlichen Härte und schweren Oxydierbarkeit dieser B. verdanken wir die Erhaltung der antiken Münzen. Spiegelmetall ist sehr weiß und politurfähig und enthält etwa 30 Proz. Zinn, oft auch Zink, Arsen, Silber, Nickel. Arsen macht die Legierung dichter und fester und erhöht das Vermögen, das Licht zu reflektieren. Für Maschinenteile kommen nur Bronzen mit mehr als 80 oder weniger als 10 Proz. Kupfer in Betracht. Erwähnenswert sind schließlich:[454]

Tabelle

Moderne B. (bronzeartiges Messing) besteht aus Kupfer und Zink mit untergeordneten Beimengungen von Zinn und Blei und steht in ihren Eigenschaften zwischen Messing und B.; sie ist um so fester, hämmerbarer, dehnbarer und schöner gefärbt, je mehr das Kupfer vorherrscht. Sie muß in geschmolzenem Zustand dünnflüssig sein, um die Form gut zu füllen, sich leicht ziselieren lassen (was durch Bleigehalt begünstigt wird) und sich mit schöner Patina bedecken. Im allgemeinen scheint Zink die Patinabildung zu erschweren. Als Normalbronze kann man annehmen: 86,6 Kupfer, 6,6 Zinn, 3,3 Blei und 3,3 Zink. Zusammensetzung moderner Statuenbronze:

Tabelle

Schöne grüne Patina besitzen:

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In der Technik benutzt man auch eisenhaltige Bronzen (Eisenbronzen), z. B. eine solche aus 56,01 Kupfer, 41,99 Zink, 1,19 Eisen, 0,82 Blei. Ähnlich sind das Delta- und Duranametall (s.d.). Römische Münzen aus der Zeit Hadrians und Trajans bestehen aus 87–88 Kupfer, 7–11 Zink und kleinere Mengen Zinn, Blei, Eisen, Silber.

Kupferscheidemünzen bestehen aus 95 Kupfer, 3,5 Zinn und 1,5 Zink, auch aus 90 Kupfer, 5 Zinn und 5 Zink, im Deutschen Reich aus 95 Kupfer, 4 Zinn und 1 Zink. Phosphorbronze besteht aus etwa 90 Kupfer, 9 Zinn und 0,5–0,75 Phosphor, der in Form von Phosphorkupfer oder Phosphorzinn eingeführt wird, vollständige Reduktion der in der B. gelösten Oxyde bewirkt und die Homogenität der Legierung erhöht. Bei mehr als 0,5 Phosphor wird der Farbenton wärmer; das Korn des Bruches nähert sich dem des Stahles, Elastizität, absolute Festigkeit und Härte sind bedeutend erhöht, und beim Guß wird die Form in ihren feinsten Details vollständig ausgefüllt. Auch läßt sich Phosphorbronze sehr gut walzen und stanzen. Man benutzt sie zu Geschützen, Patronenhülsen, Gewehrverschlüssen und Gewehrläufen, zu Getrieben, Zapfenlagern, Hochofenformen etc., zu Pumpen und hydraulischen Pressen und Dampfkolbenliderung. Bleche und Nägel aus Phosphorbronze haben sich bei Schiffsbeschlägen sehr gut bewährt. Auch Dampfschiffschrauben und Geräte für Pulverfabriken, Förderseile für Gruben, Kabel für Blitzableiter, Telegraphendrähte werdennus Phosphorbronze hergestellt. Silicium bronze (s.d.) ist Kupfer mit wenig Silicium.

Vgl. Bischoff, Das Kupfer und seine Legierungen (Berl. 1865); Künzel, Die Bronzelegierungen und ihre Verwendung für Geschützrohre und technische Zwecke (Dresd. 1875); Uchatius, Über Stahlbronze (Wien 1873); Bibra, Die Bronze- und Kupferlegierungen der ältesten Völker (Erlang. 1869); Mortillet, Origine du bronze (in der »Revue anthropologique«, Sonderdruck, 1876).

Bronzekunstindustrie.

(Hierzu die Tafeln »Bronzekunst I-IV«.)

Die Zeit, in der man das Eisen noch nicht kannte und daher Waffen und Geräte aus B. herstellte, die Bronzezeit (s. Metallzeit), kennzeichnet sich durch ein gewisses künstlerisches Streben, das durch die Eigenschaften der B. sehr begünstigt wurde. Der Bronzeguß wurde von Assyrern, Babyloniern, Ägyptern, Indern, Persern, Chinesen und Japanern schon sehr frühzeitig betrieben, von den Ägyptern, die im Bronzeguß besonders Hervorragendes geleistet haben, angeblich schon im 3. Jahrtausend v. Chr. Bei den Ausgrabungen im alten Assyrien sind Gefäße jeglicher Art (Tafel I, Fig. 1), Waffen, Teile von Rüstungen, Eßgeräte, Schmucksachen, Glocken u. dgl. aus B. gefunden worden. Auch die Ägypter verfertigten Waffen, Gefäße und Geräte verschiedener Art (Tafel I, Fig. 3 u. 4) aus B. und hatten namentlich schon im Guß und in der Ziselierung von Statuetten eine hohe Meisterschaft erreicht. Auch die Bronzearbeiten der Phöniker erfreuten sich im hohen Altertum großen Ansehens. In Griechenland war der Bronzeguß frühzeitig bekannt, wie die Überreste der sogen. mykenischen Kultur beweisen. Seit der Mitte des 5. Jahrh. begann man in Griechenland Statuen in Einem Guß auszuführen, und seitdem nahm der Bronzeguß eine so große Ausdehnung an, daß sich noch zur Zeit des Kaisers Vespasian in Delphi allein 3000 Bronzestatuen befanden, nachdem Nero schon 500 nach Rom entführt hatte. Athen, Ägina, Delos und Korinth waren Hauptsitze der Bronzekunst. Besonders waren das äginetische, das delische und das korinthische Erz geschätzt. Kleinere Bronzegegenstände sind in Griechenland in großer Zahl gefunden worden, von großen Bildwerken unzweifelhaft griechischen Ursprungs bisher aber nur zwei: die kopflose Statue eines Jünglings (im Berliner Museum) und die überlebensgroße, in Delphi ausgegrabene Statue eines Wagenlenkers (jetzt in Athen). Noch größer ist die Menge der in den griechischen Niederlassungen in Italien und in den römischen Städten gefundenen Kleinbronzen: Statuetten, Gefäße und Geräte jeglicher Art (Tafel I, Fig. 2,5–7,10–12). Auch von großen Bronzebildwerken ist in Italien eine stattliche Anzahl gefunden worden (Reiterstandbild des Mark Aurel [s. Tafel »Bildhauerkunst V«, Fig. 2], der auf ein griechisches Urbild zurückgehende Dornauszieher im Konservatorenpalast und der Faustkämpfer im Thermenmuseum zu Rom, der sogen. Idolino in Florenz, der ruhende Hermes in Neapel, die Nike in Brescia, der betende Knabe in Berlin [Tafel »Bildhauerkunst V«, Fig. 51 u. a.]. Besonders wurde der Bronzeguß auch von den Etruskern gepflegt, sowohl im Guß von großen Bildwerken, von denen sich mehrere erhalten haben (die kapitolinische Wölfin und der sogen. Redner in Rom, die Chimära in Florenz, der Knabe mit der Gans in Leiden u. a.), als auch im Guß von allerlei Geräten, unter denen die etruskischen Spiegel mit auf der Rückseite eingravierten Darstellungen von großer kulturgeschichtlicher Bedeutung sind (Tafel I, Fig. 8 u. 9).[455]

Von der römischen Kunstübung ging der Bronzeguß auch in die altchristliche Kunst (Tafel II, Fig. 1 u. 2) und in die des Mittelalters über. Er trat vornehmlich in den Dienst der Kirche, indem nicht nur Kultusgeräte jeglicher Art, Kreuze, Ciborien, Kandelaber, Leuchter, Taufbecken, Gießgefäße, Reliquienbehälter, Weihrauchkessel, Glocken u. dgl. (Tafel II, Fig. 3–6), sondern auch ganze Kirchentüren, Säulen, Grabmäler und Standbilder in Bronzeguß ausgeführt wurden (Erzpforte am Dom zu Hildesheim [s. Tafel »Bildhauerkunst VII«, Fig. 2] und an der Sophienkathedrale in Nishni Nowgorod, Reiterbild des heil. Georg in Prag u. a.). Einen großen Aufschwung nahm der Bronzeguß in Italien, wo auch spätere ausgezeichnete Werke des Bronzegusses entstanden (Statue des heil. Petrus in der Peterskirche zu Rom [s. Tafel »Bildhauerkunst VII«, Fig. 6], Erztüren von Andrea Pisano am Baptisterium zu Florenz), mit dem Beginn der Renaissancezeit durch Ghiberti, Donatello, Verrocchio, A. Pollajuolo, Cellini, I. Sansovino, G. Bologna u. a. (vgl. Bildhauerkunst, mit Tafeln), die vornehmlich den Guß von figürlichen Werken herstellten. Daneben blühte aber auch eine Kleinkunst, die sich mit der massenhaften Herstellung von Statuetten, Geräten, Gefäßen, Medaillen und Plaketten (s.d.) beschäftigte (Tafel III, Fig. 1–3,5,6). In Deutschland nahm der Bronzeguß Ende des 15. Jahrh. namentlich durch Peter Vischer und seine Söhne in Nürnberg einen hohen Aufschwung zu künstlerischer Bedeutung. In erster Reihe stand die Ausführung von Grabdenkmälern und Grabtafeln (Sebaldusgrab in Nürnberg, s. Tafeln »Bildhauerkunst VIII«, Fig. 1 u. 3, und »Grabmäler«, Fig. 13), daneben wurden aber auch Statuetten und Geräte (Tafel III, Fig. 4) angefertigt. In Deutschland waren im 16. Jahrh. als Erzgießer neben den Söhnen Peter Vischers Labenwolf (s.d.) und Benedikt Wurzelbauer in Nürnberg, A. de Vries (s.d.) in Augsburg und P. Candido (s.d.) in München tätig, die sich besonders in der Brunnenplastik ausgezeichnet haben (s. Tafel »Brunnen«, Fig. 5,7 u. 9). Daneben betätigte sich auch im 16. Jahrh. der Bronzeguß in Grabmälern, Taufbecken, Leuchtern und andern Kirchengeräten. Im 17. und 18. Jahrh. wurden große Bildwerke aus Bronzeguß immer seltener. Die letzten großen Erzgießer waren A. Schlüter (s.d.) und R. Donner. Dagegen nahm der Bronzeguß in Frankreich unter Ludwig XIV. einen neuen Aufschwung, indem er sich der Ausstattung der Wohnung widmete und nicht nur in Kandelabern, Leuchtern, Standuhren, Vasen, Statuetten treffliche, auch durch meisterhafte Ziselierung ausgezeichnete Werke schuf, sondern auch Möbel jeglicher Art, Konsolen, Prunkwagen, Sänften u. dgl. mit Einlagen und Beschlägen von vergoldeter B. schmückte. Besonders der Möbelindustrie und der Dekoration von Prachtvasen aus Marmor und Porzellan leistete die Bronzekunst, die dabei allen Stilwandlungen der französischen Kunst vom Stile Ludwigs XIV. bis zum Empirestil folgte, wertvolle Dienste. Als die hervorragendsten Bronzegießer und Ziseleure werden Jacques und Philipp Caffieri, Gouthière, P. P. Thomire, Duplessis, Forty und L. Prieur genannt (Tafel III, Fig. 7–10).

Auch im 19. Jahrh. hat die französische Bronzekunst ihre führende Rolle sowohl im Guß von Figuren als auch von Luxusgeräten (Möbelbeschlägen, Spiegelrahmen, Kamingarnituren u. dgl.) behauptet. In französischen Gießereien haben auch die Erneuerer des Bronzegusses in Deutschland gelernt. In keinem andern Lande werden so viele figürliche und ornamentale Bronzen erzeugt wie in Frankreich, wo die Bronzeindustrie auch in großem Maße zur Ausschmückung öffentlicher Bauten herangezogen wird. Die französischen Fabrikanten, anderen Spitze Barbedienne und Christofle u. Komp. stehen, bewegen sich bei kunstgewerblichen Arbeiten meist in den Formen des heimischen Barock-, Rokoko- und Empirestils, haben sich aber auch in neuester Zeit der naturalistischen Bewegung angeschlossen, wobei sie sich auch die Erzeugnisse der ostasiatischen, besonders der japanischen Bronzekunst, namentlich in der Färbung der Metalle, zu nutze gemacht haben. Die hervorragendsten Künstler arbeiten für die Pariser Gießereien (Tafel IV, Fig. 9–11).

In Deutschland beschränkte sich der Bronzeguß lange Zeit auf die Herstellung von Standbildern für öffentliche Denkmäler (königliche Gießerei in Berlin, Burgschmiet in Nürnberg, Stiglmaier in München, Howaldt in Braunschweig), da für kleinere Bronzearbeiten kein Bedarf war. Man begnügte sich anfangs mit den Eisengußwaren der Harzer und andrer Hütten und später mit schlecht bronzierten Zinkgüssen, die in den 70er Jahren des 19. Jahrh. durch das mit Begeisterung aufgenommene Cuivre poli, eine dem Messing nahestehende Mischung, verdrängt wurden. Erst in neuerer Zeit hat man die Bronzekunst schätzen gelernt, und wenn ihre Erzeugnisse auch bei weitem noch nicht die Verbreitung erlangt haben wie in Frankreich, so ist doch auch in Deutschland ein großer Aufschwung sowohl in der Herstellung figürlicher Bronzen als auch von Luxusgeräten erfolgt, besonders unterstützt durch die moderne Bewegung im Kunstgewerbe, die sich der Bronzekleinkunst mit Liebe angenommen hat (Tafel IV, Fig. 7 u. 8). Auch in figürlichem Bronzeguß, besonders für Denkmäler, wird in den großen Gießereien in Berlin (Gladenbeck u. Söhne), München (Miller), Lauchhammer und Stuttgart (Stotz) Ausgezeichnetes geleistet.

Ähnlich wie in Deutschland hat sich die Entwickelung der modernen Bronzekunst in Österreich mit Wien an der Spitze gestaltet, wo namentlich in Kronleuchtern und kleinern Luxusgeräten Ausgezeichnetes geleistet wird. Auch in Belgien steht die Bronzekunstindustrie seit 1870 in Blüte, namentlich in der Herstellung figürlicher Bronzen, die durch Künstler wie Meunier und van der Stappen eine große Ausdehnung angenommen hat. Italien leistet Hervorragendes sowohl in der Reproduktion antiker Bronzen, die durch ihre Wohlfeilheit den europäischen Markt gewonnen haben, als auch in Einzelfiguren und Gruppen moderner Künstler, die in der Modellierung für den Bronzeguß eine besondere Virtuosität erlangt haben. Auch in Rußland besteht eine lebhafte Bronzewarenindustrie, deren Erzeugnisse (Figuren und Gruppen aus dem Volksleben) auch außerhalb Rußlands mit Beifall aufgenommen worden sind. Für Rußland selbst werden besonders mit Email geschmückte Kultus- und Luxusgeräte aus Bronzeguß gefertigt. Glänzende Leistungen hat auch Nordamerika in den Erzeugnissen der Werkstatt von Tiffany (s.d.) in New York aufzuweisen, die in der Nachahmung der japanischen Bronzetechnik die Franzosen übertroffen hat.

Eine von der europäischen Bronzekunst unabhängige Gruppe bilden die Bronzearbeiten Persiens, Indiens, Chinas und Japans. In allen buddhistischen Ländern wurde der Bronzeguß im großen und kleinen seit den ältesten Zeiten gepflegt. Buddhafiguren von oft kolossaler Größe, Drachen, Herrscherbilder, [456] Leuchter und Gefäße für Tempel und die Gongs (s.d.) sind die Haupterzeugnisse der Plastik großen Stils. Daneben wurden Waffen und allerlei Werke der Kleinkunst, Vasen, Laternen, Lampen, Teekannen, Zieraten für Kasten und andre Möbel u. dgl. in Bronzeguß hergestellt. Zur höchsten Vollendung gedieh die ostasiatische Bronzekunst bei den Japanern, die namentlich in der Silbertauschierung, in der künstlichen Patinierung, in der Feuervergoldung, im Emaillieren und Lackieren der Bronze Unerreichtes geleistet haben. Eine besondere Spezialität der Japaner sind Spiegel und Stichblätter von Schwertern und Dolchen (Tafel II, Fig. 7–11, und Tafel IV, Fig. 1–6). Vgl. Delon, Le cuivre et le bronze (Par. 1877); Laurent-Daragon, Le bronze d'art (das. 1881); Havard, Les bronzes d'art et d'ameublement (das. 1897); Lüer, Technik der Bronzeplastik (Leipz. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 454-457.
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