Prag

[251] Prag (tschech. Praha; hierzu der Stadtplan mit Registerblatt), Hauptstadt des Königreichs Böhmen, nach Größe und Bevölkerung die dritte Stadt der österreichisch-ungar. Monarchie, liegt unter 50°5' nördl. Br. und 14°25' östl. L. fast in der Mitte des Landes an beiden Ufern der Moldau, 186 m ü. M., hat eine Fläche von 13,81, einschließlich der Vororte 30,5 qkm und bietet mit den die Stadt umkränzenden Höhenzügen, dem breiten Strom mit seinen Inseln und Brücken, den zahlreichen Kirchen und Türmen, den vielen mittelalterlichen Bauwerken ein eigentümlich malerisches Bild.

Wappen von Prag.
Wappen von Prag.

Die mittlere Jahrestemperatur beträgt +9,2° (die des Januars -1,4, die des Juli +19,6°), die durchschnittliche Niederschlagsmenge 436 mm.

[Stadtteile.] Die Stadt besteht aus acht Stadtteilen. Diese sind: die Altstadt am rechten Moldauufer, ganz in der Talsohle gelegen, der Mittelpunkt des Verkehrs; die von der erstern eingeschlossene Josephstadt, auf die (nebst einigen angrenzenden Straßen) die Juden noch bis 1860 beschränkt waren, mit engen und winkligen Straßen, die aber in neuester Zeit der Assanierung unterzogen und verbreitert wurden; die Neustadt, welche die Altstadt in weitem Bogen von S. über O. nach NO. umgibt und auf beiden Seiten bis zur Moldau reicht, von Kaiser Karl IV. angelegt, mit breiten Straßen und neuern Gebäuden; die Kleinseite am linken Moldauufer, an der Abdachung des Laurentiusberges und des Hradschins erbaut, und der Hradschin selbst, letztere die ruhigsten Stadtteile mit den Palästen des Adels und zahlreichen Amtsgebäuden, großenteils von Beamten und Gewerbtreibenden bewohnt. Als neue Stadtteile sind der Wyschehrad im S. der Neustadt mit Zitadelle über der Moldau und die Fabrikorte Holeschowitz-Bubna, im NO. auf weiter, von der Moldau im Bogen umflossener Fläche, und Lieben, gegenüber am rechten Moldauufer gelegen, einverleibt worden. Die Kleinseite und der Hradschin sowie der Wyschehrad sind zum Teil noch mit Festungsmauern umgeben, die aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. stammen. Als Vorstädte, jedoch mit administrativer Selbständigkeit, sind zu betrachten: Karolinenthal, im NO. an die Neustadt sich anschließend; Zizkow im O. und Königliche Weinberge im SO., gleichfalls unmittelbar mit der Neustadt zusammenhängend; dann die am linken Moldauufer liegende, südlich an die Kleinseite sich anschließende Fabrikstadt Smichow. Als Vororte endlich sind anzusehen: Wrschowitz, Nusle, Pankratz, Michle, Podol und Dworetz am rechten, Koschiř, Břewnow, Střeschowitz, Dejwitz mit Scharka und Bubentsch am linken Moldauufer. Im Bereich der Stadt bildet die Moldau die Sophieninsel und die Schützeninsel, die beide als Vergnügungsorte sehr beliebt sind, dann die Judeninsel im obern, die Hetzinsel, die Jerusalem-, Rohansche, Holeschowitzer Insel u. a. im untern Lauf.

[Brücken, Plätze und Straßen.] Über die Moldau führen 9 Brücken, darunter 6 Fahrbrücken, ein Kettensteg und 2 Eisenbahnbrücken. Die älteste derselben ist die steinerne Karlsbrücke (1357–1503 erbaut), 502 m lang, 10 m breit, mit 16 Bogen und zwei Türmen an beiden Enden, von denen der Altstädter Brückenturm, ein gotischer Bau von 1452, die Steinbilder Karls IV. und Wenzels IV. sowie mehrere Wappen trägt. Einen malerischen Anblick gewähren die an den Pfeilern der Brücke angebrachten Statuen; darunter befindet sich auch die Bronzestatue des heil. Johann von Nepomuk (von 1683). Die zweite Brücke ist die weiter oberhalb über die Moldau und die Schützeninsel führende Kaiser Franzens-Brücke (1838 als Kettenbrücke erbaut, 1901 als steinerne Brücke erneuert). Der gleichzeitig mit ihr erbaute schöne Franzenskai an der Moldau erstreckt sich, 622 m lang, von der Franzensbrücke bis gegen die Karlsbrücke und aufwärts bis zum Brückensteg, der die Sophieninsel mit der Neustadt verbindet. Er ist durch das gotische Franzensmonument (1845) in Form einer Spitzsäule, mit der Reiterstatue des Kaisers (von Joseph Max), geziert. Unterhalb der Karlsbrücke zieht sich am rechten Ufer der Rudolfskai bis zur dritten Brücke, der 1865–68 erbauten Franz Josephs-Brücke (Kettenbrücke), hin. Zwischen dieser und der Karlsbrücke befindet sich der nur für Fußgänger bestimmte Kettensteg. Die dritte steinerne Brücke über die Moldau, die Palackybrücke von 1879, dient zur Verbindung der obern Neustadt (Podskal) und der Vorstadt Smichow. Außerdem wird die Moldau von zwei Eisenbahnbrücken überspannt, einerseits dem riesigen Viadukt der Österreichisch-Ungarischen Staatseisenbahn (Linie P.-Dresden), der über die Vorstadt Karolinenthal und über die Moldau führt, 1327 m lang ist und auf 87 Pfeilern ruht, anderseits der zwischen Wyschehrad und Smichow liegenden Kettenbrücke der Staatsbahnen, welche die Verbindung zwischen den Bahnhöfen am linken und am rechten Moldauufer herstellt. Die hervorragendsten Plätze von P. und zwar in der Altstadt sind: der Große Ring, mit einer 1650 errichteten Mariensäule (vgl. Teige, Der Altstädter Ring, Prag 1900–02); der kleine malerische Kreuzherrenplatz an der Moldaubrücke, mit dem Bronzestandbild Kaiser Karls IV. von Hähnel (bei der 500jährigen Jubelfeier der Prager Universität 1848 errichtet); der Kleine Ring mit einem schönen Eisengitterbrunnen; in der Neustadt: der Karlsplatz (ehemals Viehmarkt), der größte Platz von P., mit schönen Anlagen und einem Denkmal des tschechischen Dichters Halek; der Wenzelsplatz (Roßmarkt), am obern, südöstlichen Ende durch den Neubau des Landesmuseums abgeschlossen, mit Seitenalleen; der Henwagsplatz;[251] der Jungmannplatz mit der Statue des tschechischen Lexikographen Joseph Jungmann; der Josephsplatz; auf der Kleinseite: der Ring mit dem 1858 errichteten Denkmal des Feldmarschalls Radetzky (von Emanuel Max); endlich der mit Anpflanzungen versehene Hradschiner Platz. Die schönsten Straßen sind außer den Kais: die Karls-, Zeltner-, Eisen- und Niklasgasse in der Altstadt; der schöne Straßenzug, der in weitem Bogen von der Franzensbrücke bis zur Franz Josephs-Brücke die Grenze zwischen der Alt- und Neustadt bildet und die Ferdinandsstraße, die Obstgasse, den Graben (den eigentlichen Korso Prags) und die Elisabethstraße umfaßt.

[Kirchliche Bauwerke.] An Kirchen und Kultusgebäuden ist P. außerordentlich reich. Man zählt daselbst 48 kath. Kirchen nebst 24 Kapellen, 4 evang. Kirchen, eine griechisch-orthodoxe Kirche, 22 Klöster und 10 Synagogen, worunter die sogen. Altneuschule aus dem 12. Jahrh. Nicht weit von der letztern befindet sich der alte, seit Joseph II. nicht mehr benutzte Judenfriedhof mit Grabmälern berühmter Rabbis, teilweise aus sehr alter Zeit (vgl. Jeřábek, Der alte Prager Judenfriedhof, Prag 1904). Zu den hervorragendsten katholischen Kirchen gehört vor allen der Dom zu St. – Veit auf dem Hradschin, dessen Gründung 1344 durch Karl IV. nach dem Plane des Baumeisters Matthias von Arras erfolgte; das Chorgewölbe wurde 1385 unter dem Dombaumeister Peter von Gmünd (Arler) geschlossen. Der Dom ist ein schöner gotischer Bau mit Chorumgang und einem Kranz von 12 Kapellen, mit doppelten Strebebogen und leichtem, mit breiten Fenstern ausgestattetem Oberbau. Nur das fünfschiffige Chor war vollendet, das Schiff der Kirche bloß bis zum Querschiff fortgeführt worden; auch der 1400 begonnene Turm wurde nicht vollendet und mit einem Haubendach abgeschlossen. Der Dom wird seit 1867 durch den zu diesem Zwecke gegründeten Dombauverein ausgebaut. Zuden Seitenkapellen des Domes gehört die aus der Zeit Karls IV. stammende Wenzelskapelle, deren Wände mit böhmischen Halbedelsteinen verkleidet sind. Unter den zahlreichen Denkmälern im Innern ist hervorzuheben das königliche Mausoleum von weißem Marmor, ein schönes Werk reinen Renaissancestils, das Rudolf II. 1589 durch Alexander Colins von Mecheln ausführen ließ, mit den ruhenden Gestalten Ferdinands I., seiner Gemahlin Anna und Maximilians II. Außerdem enthält der Dom das 1736 vollendete silberne Grabdenkmal des heil. Johann von Nepomuk (über 2000 kg schwer), mehrere andre Grabdenkmäler böhmischer Herzoge, Könige und Bischöfe, wertvolle Holzschnitzereien, einen neuen gotischen Hochaltar sowie die Schatzkammer, worin auch die böhmischen Krönungsinsignien bewahrt werden. Vgl. Ambros, Der Dom zu P. (Prag 1858); Neuwirth, Der Dom zu P. (Berl. 1897). Gleichfalls auf dem Hradschin befindet sich die St. Georgskirche, ein romanischer Bau (1150 erbaut, nach einem Brande 1541 großenteils neu hergestellt), mit dem Grabdenkmal der heil. Ludmilla, aus dem 14. Jahrh. Von gotischen Kirchenbauten aus Karls IV. Zeit sind ferner die 1377 vollendete achteckige Kirche des Karlshofs in der Neustadt, mit kühn gewölbter Kuppel, die gleichfalls in der obern Neustadt gelegene Kirche des Stiftes Emaus (1372 unter Karl IV. vollendet), mit alten Fresken im Kreuzgang, und die Kirche Mariä Verkündigung in Slup, mit zierlichem Turm (gegenwärtig zur Irrenanstalt gehörend), zu erwähnen. Einschiffige Kirchenbauten derselben Zeit sind die hohe Franziskanerkirche Maria-Schnee, von Karl IV. 1347 gegründet, und St. Apollinar auf dem Windberg. In den Anfang des 15. Jahrh. fällt der Bau der Teinkirche, welche die Prager Kaufmannschaft ausführen ließ. Sie hat zwei stattliche Türme, ein schönes nördliches Seitenportal, im Innern die Marmorstatuen der Slawenapostel Cyrillus und Methodius (von Emanuel Max), das Grabmal Tycho Brahes und einen schönen Flügelaltar. Am Frontgiebel prangten ehemals der utraquistische Kelch und darunter die Statue Georgs von Podiebrad, doch wurde beides unter Ferdinand II. durch ein kolossales Marienbild ersetzt. Bemerkenswerte Kirchen sind außerdem: die Stephanskirche in der Neustadt, historisch als Ausgangsstätte des Hussitenkriegs denkwürdig, von einfacher Basilikenanlage; die im Barockstil vom Jesuitenorden erbaute Nïkolauskirche auf der Kleinseite (1673–1752), mit mächtiger Kuppel, im Innern mit Marmor, Gold, Fresken und Statuen reich ausgestattet; die Ignatiuskirche mit reichen Stukkaturen und Fresken, am Karlsplatz; die Thomaskirche auf der Kleinseite (Hochaltarbild von Rubens); die Altstädter Nikolaikirche (jetzt dem griechisch-orthodoxen Kultus eingeräumt) mit polygoner Hochkuppel; die langschiffige Jakobskirche; dann die Kuppelkirche der Kreuzherren auf dem Altstädter Brückenplatz und die Prämonstratenserstiftskirche von Strahow auf dem Hradschin mit reichem Barockornament und den Grabmälern des heil. Norbert, des Ordensstifters, und Pappenheims; letztere vier Kirchen gehören zu den bessern Rokokobauten. Die alte, im 18. Jahrh. umgebaute Peters- und Paulskirche in Wyschehrad wurde 1903 im gotischen Stil wiederhergestellt. Die bemerkenswertesten Klöster sind. das 1140 gegründete, auf dem Hradschin gelegene Prämonstratenserstift Strahow mit Kirche, prächtigem Bibliotheksaal, Gemäldegalerie, großem Garten etc.; das gleichfalls auf dem Hradschin gelegene Kapuzinerkloster mit einer Nachahmung der Santa Casa zu Loreto im Klosterhof, einer Kirche mit Glockenspiel und reicher Schatzkammer; außerdem der Konvent des Malteserordens auf der Kleinseite, das Kreuzherrenordensstift und das Minoritenkloster St. Jakob (mit gotischem Kreuzgang) in der Altstadt, das Kloster Emaus in der Neustadt u. a.

[Profanbauten.] Unter den weltlichen Gebäuden nimmt den ersten Rang die Hofburg ein, teilweise aus alter Zeit, aber mehrmals (zuletzt unter Maria Theresia) umgebaut und aus zahlreichen aneinander gereihten Gebäuden zusammengesetzt. Den Charakter des alten Burgbaues tragen nur noch der kleine, stark vorspringende Flügel mit der alten Ratsstube, aus deren Fenstern 23. Mai 1618 Slawata, Martinitz und deren Sekretär Fabricius in den Wallgraben hinabgeworfen wurden, und der Trakt des Wladislawschen Saales, eines hohen Rittersaals, mit reich verschlungenem Netzgewölbe. Alles andre ist im italienischen Stil umgebaut. Der Portalbau an der Westfront wurde 1614 von Scamozzi vollendet und enthält eine schön angelegte Haupttreppe. Die Burg schließt einen äußern, mit einem Gitter eingefaßten Platz, dann drei große innere Höfe ein, enthält eine Hofkapelle, 440 Zimmer und außer den schon erwähnten historischen Sälen zwei große, restaurierte Säle, nämlich den deutschen und den spanischen Saal. In dem Burghof, gegenüber der Domkirche, ist die 1373 gegossene eherne Reiterstatue St. Georgs aufgestellt, ein Werk der Brüder Clussenberg in Nürnberg. So wie die Burg datiert auch das am Altstädter Ringe gelegene Rathaus aus verschiedenen[252] Bauperioden. Dasselbe enthält eine 1381 geweihte, neuerdings restaurierte Kapelle, mit schönem, nach außen vorspringendem Chor. Übergangsformen von der Gotik zur Renaissance zeigt die alte, 1884 restaurierte Ratsstube. Bemerkenswert sind ferner die alte Gerichtsstube, der 1884 vollendete große Sitzungssaal mit Gemälden von Brozik und der Primatorensaal. Der Altstädter Rathausturm stammt von 1475 und ist mit einer berühmten Kunstuhr aus derselben Zeit versehen (s. Tafel »Astronomische Kunstuhren« bei Artikel »Uhr«). Ein dem ebengenannten sowie dem Altstädter Brückenturm sehr verwandter Bau ist der schöne, am Ende der Zeltnergasse stehende sogen. Pulverturm, eigentlich ein Torturm zwischen der Alt- und Neustadt (1475 erbaut, 1886 restauriert). Von den ältern Baudenkmälern ist noch das alte Universitätsgebäude (Carolinum) in der Altstadt mit großer Aula und gotischer Erkerkapelle, dann die weitläufige, 1360 angelegte kreuelierte Mauer (angeblich während einer Hungersnot von Karl IV. gebaut, um den Armen Erwerb zu schaffen, daher Hungermauer genannt) zu nennen, die, von einigen kastellartigen Türmen unterbrochen, sich über die Höhe des Laurentiusberges malerisch hinzieht. Ein Muster edelster Renaissance bildet das zierliche, unter Ferdinand I. 1538 erbaute Ferdinandeische Lustschloß oder Belvedere in dem Garten der Kaiserburg, im stattlichen Saal 1850–56 mit Fresken aus der böhmischen Landesgeschichte versehen. Drei interessante, auch durch ihre räumliche Ausdehnung bemerkenswerte Paläste sind: das ehemals gräflich Czerninsche Palais auf dem Hradschin (zweite Hälfte des 17. Jahrh.), ein ungeheurer Bau (gegenwärtig als Kaserne dienend, s. Tafel »Architektur XII«, Fig. 1); das ausgedehnte gräflich Waldsteinsche Palais von 1623 auf der Kleinseite, die ehemalige Residenz des Friedländers, mit prächtiger Loggia gegen den großen Garten, im Innern einen geräumigen, mit Fresken und Stuckornamenten geschmückten Festsaal enthaltend; endlich das hoch ragende fürstlich Schwarzenbergsche Majoratshaus auf dem Hradschin, im altflorentinischen Stil, mit Sgraffitobemalung. Denkmäler der von den Jesuiten in P. mit großen Mitteln betriebenen Bautätigkeit sind: das umfangreiche Clementinum mit zwei Kirchen (jetzt eins der Universitätsgebäude, in dessen Hof sich seit 1864 das von Joseph Max ausgeführte Denkmal des Prager Studenten in der Kriegstracht des Dreißigjährigen Krieges erhebt); ferner das ehemalige Ordenshaus auf dem Karlsplatz (jetzt Militärhospital) mit der Ignatiuskirche; das sich an die Nikolauskirche anschließende sogen. Landhaus (ehemaliges Profeßhaus, jetzt Sitz des Oberlandesgerichts) auf der Kleinseite u. a. Zu den Palästen der böhmischen Adelsgeschlechter aus dem 17. und 18. Jahrh. gehören: die Paläste Morzin, Thun, Fürstenberg, Nostitz, Schönborn und Lobkowitz auf der Kleinseite, der ehemals Toskanische Palast (jetzt dem Kaiser gehörig) und der erzbischöfliche Palast auf dem Hradschin, die Paläste Nostitz, Kinsky und Clam-Gallas (1707–12 im Barockstil von Fischer von Erlach erbaut) in der Altstadt. Nennenswerte Gebäude aus neuerer Zeit sind: das Korpskommando, die Statthalterei, das Landtagsgebäude und das Gendarmeriekommando auf der Kleinseite, das Landesgericht und das deutsche Landestheater auf der Altstadt, das Neustädter Rathaus (jetzt Strafgerichtsgebäude) mit altem Turm, das Hauptzollamt (ehemals Kloster und Kirche des Hibernerordens), das allgemeine Krankenhaus und die Irrenanstalt mit der Katharinenkirche in der Neustadt. Aus jüngster Zeit stammen und zwar in der Altstadt: das Altstädter Wasserwerk (mit altem Turm), das gräflich Lazanskysche Palais, die böhmische und städtische Sparkasse, die städtische Markthalle, die städtische Versicherungsanstalt, die Polizeidirektion, das für Kunstzwecke von Zitek und Schulz im Renaissancestil erbaute Rudolfinum und das Kunstgewerbemuseum am Kai, die Handels- und Gewerbekammer; in der Neustadt: das tschechische Landestheater (1881 vollendet, in demselben Jahr durch Brand zerstört, im Wiederaufbau 1883 vollendet), ein schöner, nach Plänen Ziteks von Schulz ausgeführter Bau im Renaissancestil, das neue Saalgebäude auf der Sophieninsel, die tschechische Technische Hochschule auf dem Karlsplatz, die Landesgebäranstalt, die neuen anatomischen, pathologischen, physiologischen und. chemischen Universitätsinstitute, das Kinderhospital, das böhmische Landesmuseum am Wenzelsplatz (nach Plänen von Schulz 1892 vollendet), das neue deutsche Theater an der Ostseite des Stadtparks, das deutsche Kasino, die böhmische Landesbank und die österreichische Kreditanstalt am Graben, die Postdirektion, die böhmische Hypothekenbank, die Fruchtbörse, die Arbeiterunfallversicherungsanstalt etc.; auf der Kleinseite: die Vorschußkasse, die gräflich Strakasche Ritterakademie; auf dem Hradschin die neue gotische Dompropstei; endlich in Holeschowitz der neue große Schlachthof mit Viehmarkthalle. Im Umbau befindet sich der Bahnhof der Staatsbahnen (Franz Josephs-Bahn). Die öffentliche Beleuchtung der Stadt erfolgt durch zwei städtische Gasanstalten und mittels Elektrizität.

[Bevölkerung, Industrie und Handel.] P. zählte 1900 einschließlich der Garnison (7120 Mann) in 4598 Häusern mit 48,636 Wohnungen 222,833 Einw. ‚ Mit Einschluß der vier Vorstädte Karolinenthal, Zizkow, Königliche Weinberge und Smichow zählte P. 403,353 und mit Einbeziehung der oben aufgeführten Vororte 474,897 Einw. Der Religion nach waren von der Zivilbevölkerung der eigentlichen Stadt 88,9 Proz. Katholiken, 1,8 Proz. Protestanten und 8,9 Proz. Juden. Der Umgangssprache nach wurden 1900: 91,3 Proz. Tschechen und 8,6 Proz. Deutsche gezählt. Nach dem Berufe gehörten von je 10,000 Bewohnern zu den Hauptgruppen der Landwirtschaft 121, der Industrie 4407, des Handels und Verkehrs 2606, des öffentlichen Dienstes 2705. In gewerblicher und kommerzieller Beziehung ist P. die wichtigste Stadt Böhmens. Doch hat sich infolge der örtlichen Verhältnisse der Stadt die Großindustrie überwiegend in den vier Vorstädten und in mehreren der Vororte angesiedelt, mit denen P. ein großes Industriezentrum bildet. Insbesondere bestehen in P. und den Vororten hervorragende Fabriketablissements für folgende Industriezweige: Fabrikation von Motoren aller Art, von Werkzeug- und Nähmaschinen, Löschrequisiten, Maschinen, Eisengußwaren, Waggonbau (großes Etablissement in Smichow), Fabrikation von Zement- und Asphaltwaren, Ton- und Schamottewaren, Porzellan, Dampfbrettsägen, Parkett- und Möbelfabriken, Fabrikation von Gummi- u. Guttaperchawaren, Lederfabriken, Baumwollspinnereien und -Webereien, eine Kattundruckerei, Hutfabriken, Wäscheerzeugung, Papier- und Tapetenfabriken. Sehr entwickelt ist ferner die Mühlenindustrie, Bierbrauerei, Schokolade- und Kanditenfabrikation; außerdem gibt es Rollgerste- und Malzfabriken, Spiritus- und Pottaschefabriken, zahlreiche[253] Likörfabriken u. a. Schwunghaft ist auch die chemische Industrie entwickelt, insbes. gibt es Fabriken chemischer Produkte überhaupt, eine Stärkefabrik, Fabriken für Albumin, Farben, eine große Zündhütchen- und Patronenfabrik (in Zizkow), Fabriken für Kerzen, Seifen und Parfümerien, ätherische Öle und Essenzen. Neben der Großindustrie hat sich auch das Kleingewerbe zu erhalten gewußt; besondere Erwähnung verdienen die Gold-, Silber- und Juwelenarbeiten, der Wagenbau, die Ateliers für Instrumente und Apparate aller Art, das Handschuhmachergewerbe, die Wäscheerzeugung, das Baugewerbe, die Buch- und Steindruckerei etc. Als Knotenpunkt eines reichverzweigten Eisenbahnnetzes ist P. der Hauptsitz des böhmischen Handels. Es haben in P. ihren Ausgangspunkt: die Linien Wien-P. und P.-Bodenbach der Österreichisch-Ungarischen Staatseisenbahn, die Österreichische Nordwestbahn mit den Linien P.-Wien und P.-Mittelwalde, die Staatsbahnlinien P.-Wien (Franz Josephs-Bahn), P.-Furth i. Walde (Böhmische Westbahn), P.-Brüx-Moldau (P.-Duxer Bahn) und P.-Dobřisch, die Buschtěhrader Bahn mit den Linien P.-Eger und P.-Hostiwitz und die Böhmische Nordbahn (Linie P.-Georgswalde-Ebersbach). Geld- und Kreditinstitute sind: die Börse, die in bezug auf das Warengeschäft, namentlich in Zucker, von Bedeutung ist, die Getreidebörse, eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, die Hypothekenbank des Königreichs Böhmen (307 Mill. Kronen Pfandbriefe), die Böhmische Landesbank, 9 andre Bankinstitute und 4 Filialen von Wiener Banken, die Böhmische Sparkasse (Einlagenstand: 206 Mill. Kr.), die städtische Sparkasse (156 Mill. Kr. Einlagen), 15 Vorschußkassen, schließlich 9 Versicherungsanstalten. Verkehrsmittel bilden für den Lokalverkehr die elektrische Stadtbahn (44,8 km Länge), zwei Drahtseilbahnen (auf das Belvedere und den Laurentiusberg), je eine elektrische Bahn (in den Baumgarten und nach Wysočan) und die Prager Moldau-Dampfschiffahrtsgesellschaft für den Verkehr oberhalb P. Wohltätigkeitsanstalten sind: ein k. k. allgemeines Krankenhaus mit 2 Filialen (jährlich 20,200 Verpflegte), außerdem 4 andre öffentliche und 4 Privatkrankenhäuser, eine Landesgebär- und Findelanstalt, eine Landesirrenanstalt, 2 Garnisonspitäler, ein Militärinvalidenhaus, ein Taubstummeninstitut, 3 Blindeninstitute, eine Idiotenanstalt, ein städtisches und ein Waisenhaus der italienischen Kongregation, 2 israelitische und 3 andre Privatwaisenhäuser, eine Erziehungsanstalt des Vereins zum Wohl entlassener Sträflinge, 17 öffentliche Kinderbewahranstalten und Kindergärten, 10 Krippen, 16 Asyle für arme Schulkinder, 2 städtische Armenhäuser, ein städtisches Siechenhaus, 3 Pfründneranstalten, ein städtisches Armeninstitut, ein Verein zur Unterstützung der Hausarmen, ein Asylverein, mehrere Suppen- und Teeanstalten, Volksküchen etc. Auch besteht in P. eine Landeszwangsarbeitsanstalt.

[Bildungsanstalten.] Unter den Unterrichts und Bildungsanstalten steht obenan die Karl Ferdinands-Universität, 1348 von Karl IV. gegründet, 1882 in eine deutsche und eine tschechische Universität geteilt. Von diesen zählte die erstere 1903: 202 Lehrer und 1435 Studierende, die letztere 208 Lehrer und 3550 Studierende. Die beiden Hochschulen sind mit klinischen und andern wissenschaftlichen Instituten ausgestattet und besitzen gemeinschaftlich eine Bibliothek von 264,000 Bänden, 4000 Handschriften und 1500 Inkunabeln und einen Botanischen Garten (vgl. Tomek, Geschichte der Prager Universität, Prag 1899; »Die deutsche Karl Ferdinands-Universität in P. unter der Regierung des Kaiser Franz Joseph I.«, das. 1899). Außerdem besitzt P. eine Technische Hochschule, 1806 als die älteste derartige Anstalt in Österreich und Deutschland gegründet, 1863 in ein deutsches und ein tschechisches Institut geteilt, mit zusammen 158 Lehrern und 2330 Hörern; 10 Staatsgymnasien (darunter 5 deutsche), ein Realgymnasium (tschechisch), 6 Oberrealschulen (3 deutsche), je eine deutsche und eine tschechische Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, 2 höhere Mädchenschulen und 2 Handelsakademien (je eine deutsche und eine tschechische), ein erzbischöfliches Seminar, eine Staatsgewerbeschule, eine Kunstgewerbeschule, eine Akademie der bildenden Künste, ein Musikkonservatorium, ein wendisches Seminar, Arbeitsschulen des Prager Deutschen und Tschechischen Frauenerwerbvereins etc. Außer 7 bedeutenden öffentlichen Bibliotheken, nämlich der Universitätsbibliothek (s. oben), jener des Landesmuseums (s. unten), der beiden Technischen Hochschulen, des Landeskulturrats, des Gewerbevereins, des Gewerbemuseums und der städtischen Volksbibliothek, befinden sich in P. noch verschiedene wertvolle Privatbibliotheken, namentlich die Domkapitelbibliothek mit vielen wertvollen Handschriften und Inkunabeln, die Strahower Stiftsbibliothek (65,000 Bände und 1000 Manuskripte) und die fürstlich Kinskysche Bibliothek (46,000 Bände). Unter den sonstigen Sammlungen steht obenan das 1818 gegründete böhmische Nationalmuseum mit Bibliothek (258,500 Bände und 3600 Manuskripte), Archiv, archäologischer, ethnographischer und naturwissenschaftlicher Sammlung, Münzkabinett etc.; ferner sind hier zu erwähnen: die Gemäldesammlungen der Hofburg, des Kunstvereins im Rudolfinum und des Kunstgewerbemuseums, die Sammlungen der Universitäten und der Technischen Hochschulen, des städtischen Museums, des tschechischen ethnographischen Museums und mehrerer Privaten (darunter die Gemäldesammlung des Fürsten Nostitz und das Gewerbemuseum). P. besitzt ferner die tschechische Franz Joseph-Akademie der Wissenschaften (1894 gestiftet), eine königlich böhmische Gesellschaft der Wissenschaften und eine Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst u. Literatur in Böhmen. Auch sonst ist das Vereinsleben in P. sehr entwickelt. Ende 1900 zählte man daselbst (ohne Vororte) 1795 Vereine, darunter 184 Humanitäts- und 330 wechselseitige Unterstützungsvereine. Den Bedürfnissen des geistigen Lebens dienen außerdem 208 in P. erscheinende Zeitungen und Zeitschriften (38 in deutscher Sprache), darunter 51 politische. Neben den beiden Landestheatern und dem neuen deutschen Theater bestehen 4 Theater und 2 Arenen in den Vororten.

[Behörden.] P. ist der Sitz der obersten Landesbehörden, und zwar der Statthalterei, des Oberlandesgerichts, eines Landesgerichts, von vier Bezirksgerichten, ferner eines Handelsgerichts, der Finanzlandes- und Finanzbezirksdirektion, des Landesausschusses als Exekutivorgans des hier tagenden Landtags von Böhmen, des 8. Korps- und des Landwehrkommandos, einer Berghauptmannschaft, eines Landeskulturrats (mit deutscher und tschechischer Abteilung). einer Post- und Telegraphendirektion, einer Staatsbahndirektion, einer Handels- und Gewerbekammer, eines Generalkonsuls für das Deutsche Reich sowie eines Fürsterzbischofs mit Domkapitel und Konsistorium. Für die städtische Verwaltung besteht das Stadtverordnetenkollegium[254] (90 Mitglieder), das als Exekutivorgan den Stadtrat (24 Mitglieder) wählt, und als Verwaltungsbehörde der Magistrat. Das Aktivvermögen der Stadt betrug 1902: 141, der Passivstand 102,5, das reine Vermögen sonach 38,5 Mill. Kronen. Die ordentlichen Einnahmen beliefen sich 1903 auf 54,98, die Ausgaben auf 54,90 Mill. Kronen.

[Umgebung.] Zu den beliebtesten Spaziergängen und Vergnügungsorten in der Stadt und deren Nähe gehören: der Kaisergarten und die Choteksanlagen am Hradschin, der gräflich Schönbornsche, der fürstlich Lobkowitzsche Garten und der Laurentiusberg (mit Aussichtsturm) in der Kleinseite; der fürstlich Kinskysche Garten in der Vorstadt Smichow, die Kronprinz Rudolfs-Anlagen auf der Berglehne des Belvedere, der dem Lande gehörige große Park Baumgarten, mit schönem kaiserlichen Lustschloß und dem von der Jubiläumsausstellung 1891 erhaltenen Industriepalast, in Bubentsch, die obenerwähnten Moldauinseln mit schönen Anlagen, ferner der an Stelle der ehemaligen Neustädter Basteien errichtete Stadtpark u. a. Weiter entfernte Vergnügungsorte sind das Scharkatal, an der Moldau etwa 6 km unterhalb P. mündend; der Sternwald, an der Buschtěhrader Bahn und am Weißen Berg (Schlachtfeld 1620) gelegen, mit dem ehemaligen Jagdschloß »Stern«; die südlich an der Moldau gelegenen Orte Kuchelbad (reich an Petrefakten), Königsaal-Zawist, Rewnitz, Wschenor, der Kundratitzer Wald südlich von P. u. a.

Geschichte.

Die Gründung von P. wird von der Sage der Libussa zugeschrieben. In Wirklichkeit bildeten den Anfang die beiden uralten Burgen Wyschehrad und Prag an den beiden Ufern der Moldau. Erstere (Hohe Burg) war der uralte Fürstensitz, zu dem P. (prah, die Schwelle) als zweiter seit der Přemyslidenzeit hinzutrat. Die älteste Erwähnung Prags rührt von 928 her. Sie erweiterte sich vor und um 1100 durch die deutschen Ansiedler, denen Sobieslaw II. 1178 den ersten Freiheitsbrief erteilte. 1235 erhielt die Altstadt, 1257 die Kleinseite unterhalb des Hradschin deutsches Stadtrecht und Mauern. Ottokar II. verschönerte die Stadt und baute die Königsburg auf dem Hradschin um, deren Größe und Blüte wurde aber vom Kaiser Karl IV. (1346–78) begründet. Dieser legte die jetzige Neustadt (anfangs Karlsstadt genannt) an, zog eine feste Mauer um den Lorenzberg, Strahow und den Hradschin, legte 1344 den Grund zum Veitsdom und baute die steinerne Moldaubrücke. Er machte P. zum Sammelplatz des Handels und Verkehrs, ordnete Messen an, verwilligte den Kaufleuten viele Freiheiten und zog dadurch sowie durch seine beständige Hofhaltung in P. eine Menge Fremde, besonders Deutsche und Welsche, dahin. Auch die Stiftung der Universität (1348) trug viel zum Aufblühen der Stadt bei. Unter Karl IV. begannen aber auch die ersten Anzeichen nationaler und religiöser Gegensätze, die unter Wenzel IV. zu den hussitischen Unruhen führten. In P. brachen dieselben 30. Juli 1419 aus, und die Bürger von P. spielten in den folgenden Kriegen eine bedeutende Rolle. Vor P. scheiterte im Juli 1420 das erste deutsche Kreuzheer; hier wurden die vier Prager Artikel, das Glaubensbekenntnis der Hussiten, verfaßt. Doch litt P. sehr unter den Parteikämpfen; das deutsche Bürgertum der Altstadt wich, nachdem deutsche Professoren und Studenten schon 1409 die Stadt verlassen hatten, immer mehr der tschechisch hussitischen Bevölkerung, die an der Spitze einer eignen politischen Partei, die »Prager« genannt, weist im Hader mit den Taboriten lebte. 1424 mußte sich die Stadt an den Führer der letztern, Zizka, ergeben. 1436 unterwarf sich P. dem Kaiser Siegmund, der am 23. Aug. dort gekrönt wurde. Seit Georg Podiebrad und den Jagellonen Wladislaw und Ludwig (1471–1526) kam die Kleinseite, die 1420 so verwüstet worden war, daß sie einige Jahre ganz unbewohnt blieb, wieder empor und wurde der Hauptsitz deutscher Bevölkerung. Die vereinigte Alt- und Neustadt, Kleinseite und Hradschin bildeten dann die »drei Städte« Prags, die im Schmalkaldischen Krieg, infolge ihrer Parteinahme für die aufständischen böhmischen Herren, 1547 ihrer Privilegien und Güter zum großen Teile verlustig gingen. Eine Blütezeit hatte die Stadt wieder unter Kaiser Rudolf II. und Matthias (1576–1619), die in P. auf dem Hradschin residierten, und unter denen zahlreiche Vornehme prächtige Paläste daselbst erbauten. In dieser Periode trat auch das deutsche und neben ihm das italienische Element in der Bevölkerung stärker hervor. Große Drangsale erlitt P. im Dreißigjährigen Krieg. Am Altstädter Ring wurde 1621 das Strafgericht an Prager Adligen und Bürgern wegen der Teilnahme am Aufstand vollzogen. Es begann die gewaltsame Rekatholisierung, das Volk verarmte infolge der Bußen, Kriegslasten und der Vertreibung oder Auswanderung der reichern Bürgerschaft. Seine Privilegien und Freiheiten, die es verwirkt hatte, erhielt es mit wenigen Ausnahmen 1627 zurück. Am 15. Nov. 1631 ward P. durch die Sachsen besetzt, im Mai 1632 aber wieder von Wallenstein eingenommen. Am 30. Mai 1635 kam hier der Friede zwischen dem Kaiser und Kursachsen zustande, und 5. Aug. 1648 überrumpelte der schwedische General Königsmark die Kleinseite von P. und räumte dieselbe erst nach' geschlossenem Frieden. Während des Österreichischen Erbfolgekriegs wurde P. 1741 durch die Bayern, Franzosen und Sachsen weggenommen und 16. Sept. 1744 durch Kapitulation von Friedrich II. gewonnen, der es aber im November d. J. wieder räumte. Am 6. Mai 1757 lieferte Friedrich II. dem Prinzen Karl von Lothringen die Schlacht von P. (s. unten), mußte aber die Belagerung der Stadt infolge der Schlacht bei Kolin aufgeben. 1784 wurden die vier Prager Städte (Altstadt, Neustadt, Kleinseite, Hradschin) zu einer einzigen mit neuer Verwaltung vereinigt, die dann 1808 von Kaiser Franz I. neu organisiert wurde. 1845 erhielt P. seine erste Eisenbahnverbindung mit Wien. Ende Mai 1848 trat hier ein Slawenkongreß zusammen, der aber bei Dämpfung des am 11. Juni ausgebrochenen slawisch-demokratischen Aufstandes durch die bewaffnete Macht zerstob. Bei dieser Gelegenheit wurden die Alt- und die Neustadt von dem Fürsten Windischgrätz zwei Tage lang beschossen und dann der Belagerungszustand über die Stadt verhängt. Am 8. Juli 1866 wurde P. von den Preußen besetzt, und 23. Aug. hier der Prager Friede unterzeichnet, der dem preußisch-österreichischen Krieg ein Ende machte. 1861 ging die Gemeindevertretung in die Hände der tschechischen Majorität über; die Deutschen wurden aus der Verwaltung und den Ämtern immer stärker zurückgedrängt. Unruhen und antidynastische Strömungen, die von der Omladina-Partei (s. Omladina 2) hervorgerufen worden waren, hatten 1893 die Verkündigung des sogen. Ausnahmezustandes über P. zur Folge, der zwei Jahre später wieder aufgehoben wurde (vgl. Böhmen, S. 157). 1891 fand in P. eine insbes. von Slawen stark besuchte Jubiläums-Ausstellung statt. Vgl. Schaller, Beschreibung der königlichen [255] Haupt- und Residenzstadt P. (Prag 1794–97, 4 Bde.); Schottky, P., wie es war und ist (das. 1831, 2 Bde.); Tomek, Geschichte der Stadt P. (tschech., das. 1855–1901, 12 Bde.; deutsch, Bd. 1, 1856); J. Celakowsky, Privilegia mêst Prażských (das. 1886); Herold, Malerische Wanderungen durch P. (das. 1866–84, 2 Tle.); J. Neuwirth, Prag (Bd. 8 der »Berühmten Kunststätten«, Leipz. 1901); Jansa, Altprag (80 Aquarelle mit Text, 1902); Frind, Gedenkbuch des 900jährigen Jubiläums des Bistums P. (Prag 1874); O. Weber, Die Okkupation Prags durch die Franzosen und Bayern 1741–1743 (das. 1896); Krebs, Die Schlacht am Weißen Berge bei P. (Bresl. 1879); Erben, Statistisches Handbuch und Verwaltungsbericht von P. und den Vororten (erscheint jährlich); Führer durch P. von Klutschak, Wörl, Grieben, Hieke u. a.

Die Schlacht bei P. 6. Mai 1757 war die zweite Schlacht im Siebenjährigen Kriege. Die Österreicher unter dem Prinzen Karl von Lothringen setzten sich in der Stärke von 60,000 Mann auf der Ostseite der Stadt, auf dem Zizka- und dem Taborberg, fest, wo sie im Norden durch eine steile Schlucht, im Osten durch eine feuchte, von Bächen durchschnittene Niederung gedeckt wurden. König Friedrich II., der nach seiner Vereinigung mit Schwerin am Morgen des 6. Mai 64,000 Mann bei sich hatte, richtete seinen Angriff zunächst gegen die rechte Flanke des Feindes, mußte aber zurückweichen, da der sumpfige Boden dem Vordringen unerwartete Hindernisse bot und die österreichischen Batterien die preußische Infanterie reihenweise zu Boden streckten.

Kärtchen zur Schlacht bei Prag (6. Mai 1757).
Kärtchen zur Schlacht bei Prag (6. Mai 1757).

Vergeblich stellte sich Schwerin mit der Fahne in der Hand an die Spitze der wieder gesammelten Bataillone. Er selbst fiel, von fünf Kugeln durchbohrt, und die Bataillone gingen abermals zurück. Aber auf der österreichischen Seite nahm man diesen Vorteil nicht wahr, da jede Oberleitung fehlte, Browne tödlich verwundet war und Prinz Karl, vom Brustkrampf befallen, die versäumten Dispositionen zur Schlacht nicht geben konnte. Als Friedrich neuerdings angriff und den rechten Flügel der Österreicher warf, zugleich der Herzog von Bevern im Zentrum und die Prinzen Ferdinand von Braunschweig und Heinrich auf dem rechten Flügel siegreich vordrangen, ward die Schlacht zugunsten der Preußen entschieden. Die Österreicher, teils in die Stadt P., teils über die Sazawa gedrängt, verloren 5000 Gefangene, 60 Kanonen und 12,000 Mann an Toten und Verwundeten. Der Verlust auf preußischer Seite belief sich auf wenigstens 12,500 Mann, darunter der Feldmarschall Schwerin, der Prinz von Holstein, Goltz und mehrere andre Generale. Friedrich II. hoffte das eingeschlossene P. durch Hunger bald zu bezwingen; doch gab die Schlacht von Kolin (s. d.) den Ereignissen plötzlich eine andre Wendung. Vgl. Ammann, Die Schlacht bei P. (Heidelb. 1887); »Der Siebenjährige Krieg«, herausgegeben vom Großen Generalstab, Bd. 2: Prag (Berl. 1901); F. v. Bernhardi, Die Schlacht bei P. (Beiheft zum Militär-Wochenblatt, das. 1895); »Briefe preußischer Soldaten über die Schlachten bei Lobositz u. P.« (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 251-256.
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