Ritterakademie

[16] Ritterakademie, Anstalt zur Vorbildung junger Adliger für Universität, Offizierstand etc., jetzt meist ein mit Alumnat verbundenes Gymnasium. Besondere Ritterakademien entstanden einzeln schon im 16. Jahrh., wie die lutherische Stiftsschule der steirischen Stände in Graz (1574), die dänische R. in Sorö auf Seeland (1583), das Collegium illustre in Tübingen (1589) und das Collegium Mauritianum in Kassel (1599). Die Mehrzahl dieser Anstalten jedoch gehört dem Jahrhundert von 1650–1750 an (so: Kolberg 1653, Lüneburg 1655, Halle 1680, Wolfenbüttel 1687, Dresden 1694, Erlangen 1699, Berlin 1705, Ettal 1711, Hildburghausen 1714, Kremsmünster 1744 u.a.), wo ihrer Aufnahme vor allem Leibniz' Einfluß günstig war. Neben den Lehrfächern der humanistischen Gelehrtenschule und teilweise auf deren [16] Kosten betrieb man auch die der modernen (»galanten«) Bildung, wie Französisch, Italienisch etc., sowie die geselligen Übungen der höhern Gesellschaft: Reiten, Fechten, Tanzen etc. Gegenüber der strengern Regelung des Unterrichts- und modernen Prüfungswesens ist die Stellung der Ritterakademien immer schwieriger geworden. Nur wenige, und auch diese nicht in der alten Ausschließlichkeit, haben sich bis heute erhalten. In Preußen gibt es Ritterakademien in Brandenburg (seit 1704), Liegnitz (seit 1708) und Bedburg (seit 1842). In Österreich ist berühmt das 1746 von der Kaiserin Maria Theresia gestiftete Theresianum, das, seit 1883 mit der 1754 zur Heranbildung diplomatischer Beamten gegründeten »orientalischen Akademie« vereinigt, jetzt auch Nichtadlige aufnimmt. Vgl. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts (2. Aufl., Leipz. 1896–97, 2 Bde.); Koldewey, Die R. zu Wolfenbüttel (in den »Beiträgen zur Kirchen- und Schulgeschichte des Herzogtums Braunschweig«, Wolfenb. 1888); Köpke-Heine, Ritterakademien, in Schmids »Enzyklopädie des Erziehungs- und Unterrichtswesens«, 2. Aufl., Bd. 7 (Leipz. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 16-17.
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