Paulsen

[516] Paulsen, 1) Louis, Schachspieler, geb. 15. Jan. 1833 in Nassengrund (Lippe), gest. daselbst 18. Aug. 1891, siedelte 1854 nach Amerika über und trat dort alsbald mit größtem Erfolg in die Öffentlichkeit. Insonderheit glänzte er als Blindlingsspieler. Auf dem Turnier in Bristol 1861 gewann er den ersten Preis gegen Kolisch. 1862 erhielt er in London den zweiten Preis und zeigte sich zugleich im Einzelwettkampf als ebenbürtiger Gegner Anderssens. Seitdem verließ ihn das Glück in größern Turnieren ziemlich lange Zeit, bis er bei der Anderssen-Feier 1877 in Leipzig, 1878 auf dem Kongreß in Frankfurt a. M. und 1880 in Braunschweig wieder die Hauptpreise gewann. Um die Theorie des Spieles hat er sich im Verein mit seinem Bruder Wilfried sehr verdient gemacht.

2) Fritz, Maler, geb. 31. Mai 1838 in Schwerin, gest. 22. Febr. 1898 in Berlin, bildete sich zuerst auf der Akademie in Düsseldorf, dann in München unter Piloty, studierte dann vier Jahre lang in Paris und ließ sich 1870 daselbst nieder. Er hat vorzugsweise männliche und weibliche Bildnisse (Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg, Simson, v. Forckenbeck),[516] aber auch Sittenbilder aus dem Volksleben und aus dem Leben der eleganten Welt gemalt, unter denen der geschneeballte Schornsteinfeger (1867, Schweriner Galerie), Besuch in der Kinderstube (1872), Kümmelblättchen oder Berliner Bauernfänger (1874), Jour fixe (1876), Gesindevermietungsbureau (1881), Ballbericht (1886) hervorzuheben sind.

3) Friedrich, Philosoph, geb. 16. Juli 1846 zu Langenhorn in Nordfriesland (Schleswig), studierte seit 1866 in Erlangen und Berlin, ließ sich 1875 an der Berliner Universität als Dozent nieder und ward dort 1878 außerordentlicher, 1896 ordentlicher Professor für Philosophie und Pädagogik. Er schrieb: »Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Kantischen Erkenntnistheorie« (Leipz. 1875); »Gründung, Organisation und Lebensordnungen der deutschen Universitäten im Mittelalter« (in Sybels »Historischer Zeitschrift«, Bd. 45, 1881); »Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten« (das. 1885; 2. Aufl. 1896–97, 2 Bde.); »System der Ethik mit einem Umriß der Staats- und Gesellschaftslehre« (das. 1889; 8. Aufl. 1906, 2 Bde.); »Das Realgymnasium und die humanistische Bildung« (Berl. 1889); »Einleitung in die Philosophie« (das. 1891, 16. Aufl. 1906); »Immanuel Kant. Sein Leben und seine Lehre« (Stuttg. 1898, 4. Aufl. 1904); »Schopenhauer, Hamlet, Mephistopheles, drei Aufsätze zur Naturgeschichte des Pessimismus« (Berl. 1900, 2. Aufl. 1901); »Philosophia militans. Gegen Klerikalismus und Naturalismus« (das. 1901); »Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium« (das. 1902); »Zur Ethik und Politik«, gesammelte Vorträge und Aufsätze (das. 1905, 2 Tle.); »Das deutsche Bildungswesen in seiner geschichtlichen Entwickelung« (Leipz. 1906).

4) John, norweg. Schriftsteller, geb. 15. Febr. 1851 in Bergen, publizierte als Schreiber beim portugiesischen Konsul daselbst patriotische Lyrik und Novellen, lernte 1876 in München Henrik Ibsen kennen, durch dessen Vermittelung er vom Storthing die Dichtergage erhielt, die es ihm ermöglichte, sich in Nom, Berlin, Paris, München aufzuhalten. 1880 veröffentlichte er als einer der ersten Naturalisten den Roman »Marguerita«, der das Publikum kalt ließ. Es folgte eine Reihe hübscher Romane und Novellen, etwa im Stile George Ohnets, unter denen »Moderne Damen« künstlerisch hervorragt. Ins Deutsche wurden übersetzt: »Die Frau eines Dichters« (1884, Berl. 1898), »Ein Zukunftsweib« (1887, Leipz. 1896), »Frau Cäcilie« (1888, Berl. 1899), »Die Jüdin« (1892, Prag 1897) und das Schauspiel »Falkenström und Sohn«. Vgl. seine Denkwürdigkeiten: »Mine Erindringer« (1900–03, 3 Tle.) und die Einleitung des Romans »Enkens sön« (1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 516-517.
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