Meunier

[727] Meunier (spr. mönjĕ), Constantin, belg. Bildhauer und Maler, geb. 12. April 1831 in Brüssel, gest. daselbst 4. April 1905, widmete sich anfangs der Bildhauerkunst auf der Akademie in Brüssel unter Fraikin, ging aber bald zur Malerei über, in der er Schüler von Ch. Degroux war, von dem er in die Schilderung des Lebens der arbeitenden Klassen eingeführt wurde. Eindrücke, die er dann im Kloster La Trappe empfing, veranlaßten ihn, Motive aus dem Leben der Trappisten zu schöpfen und sich auch in religiösen Darstellungen zu versuchen (Begräbnis eines Trappisten, jetzt im Museum zu Kortrijk, und das Martyrium des heil. Stephanus im Museum zu Gent). Später führte ihn ein Auftrag, Illustrationen für E. Lemonniers Werk »La Belgique« zu zeichnen, durch das Hennegau, und hier fand er in dem Kohlenbezirk von Charleroi und Mons das Gebiet, in dem seine Kunst Wurzeln faßte, um die Mühsale, Leiden und kleinen Freuden der Arbeiter mit unverkennbarer sozialistischer Tendenz zu schildern. Seitdem hat er als Maler und Bildhauer aus dem »Schwarzen Land« und seinen Bewohnern eine Fülle von Motiven geschöpft, die er anfangs zu Ölgemälden und Pastellzeichnungen, später zu kleinen in Bronze gegossenen Figuren, seltener zu plastischen Arbeiten im lebensgroßen Maßstab gestaltete. Seine Gemälde und Zeichnungen geben in naturalistischer, meist skizzenhafter Darstellung Ansichten von großen Fabrikstädten und von einzelnen Bergwerks- und Fabrikanlagen bei greller Beleuchtung wieder, seine plastischen Figuren Arbeiter aus allen Betrieben, Häuer, Kohlenzieher (s. Tafel »Bildhauerkunst XX«, Fig. 2), Schmiede, Hochofenarbeiter, Puddler, Glasbläser, daneben auch Feldarbeiter und Mäher, Mädchen und Frauen, die bei Fabrik- und Hausarbeit helfen. Die Köpfe sind immer scharf herausmodelliert, wodurch körperliche Leiden, Kummer und Stumpfsinn, die unablässige harte Arbeit erzeugen, noch stärker hervorgehoben werden. In derselben pathologischen Richtung bewegen sich auch Meuniers Skulpturen religiösen Inhalts, von denen die Rückkehr des verlornen Sohnes (Bronzeguß in der Berliner Nationalgalerie) und Christus am Kreuz (Elfenbeinskulptur) hervorzuheben sind. Ein kolossales Hochrelief, die Industrie darstellend, befindet sich im Albertinum zu Dresden, eine Bronzegruppe: Le grison (das Grubenunglück, eine Mutter an der Leiche ihres Sohnes), im neuen Museum zu Brüssel, das Bronzerelief: die Puddler im Luxembourg-Museum zu Paris und die lebensgroße Figur eines Schmiedes im Museum zu Krefeld. Ein großes Bronzebildwerk, das Pferd an der Tränke, wurde 1900 auf dem Square Ambiorix in Brüssel aufgestellt. Das Hauptwerk seiner letzten Zeit, ein Denkmal der Arbeit (im neuen Museum zu Brüssel), ist unvollendet geblieben. M. besaß die großen Medaillen der Kunstausstellungen von München und Dresden. Er war eine Zeitlang Lehrer an der Akademie in Löwen und lebte später in Brüssel. Vgl. Treu, Constantin M. (Dresd. 1898); Demolder, Constantin M. (Brüss. 1902; deutsch Straßb. 1902); Lemonnier, Const. M., sculpteur et peintre (Par. 1903); Gensel, Constantin M. (Bielef. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 727.
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