Notrecht

[819] Notrecht (Staatsnotrecht, Jus eminens), die Befugnis der Staatsgewalt zum Eingriff in die Rechte der einzelnen im öffentlichen Interesse. Ein solcher Eingriff ist nur ausnahmsweise und nur dann statthaft, wenn ihn ein unabweisbares Bedürfnis des Staat es erheischt. Dies ist insbes. dann der Fall, wenn es sich um die Erhaltung des Staates selbst handelt und die Staatsgewalt zu diesem Zweck der Freiheit der einzelnen vorübergehende Beschränkungen auferlegt, z. B. durch Verhängung des Belagerungszustandes (s. d.) und in England durch Suspension der Habeaskorpusakte (s. Ausnahmegesetz). Namentlich gehört aber die Befugnis hierher, Privateigentum im öffentlichen Interesse dem Eigentümer zu entziehen (s. Enteignung). Auch der Grundsatz, daß Eingriffe in fremde Rechte zur Abwehr einer Gefährdung für sich oder einen andern gestattet sind, wird N. genannt. Vgl. Notwehr, Notstand und Selbsthilfe. Ein gewisses N., das sich in der Anwendung von Repressalien (s. d.) äußert, bringt auch der Krieg mit sich. Mit Recht betonen neuere Schriftsteller des Völkerrechts, daß die Anwendung dieses Notrechts auf das Äußerste beschränkt werden muß.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 819.
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