Oberlin [2]

[866] Oberlin, Johann Friedrich, geistlicher Philanthrop, geb. 31. Aug. 1740 in Straßburg, gest. 1. Juni 1826 in Waldersbach, Sohn des Straßburger Archäologen Jeremias Jakob O. (gest. 1806), studierte in Straßburg Theologie und ward 1763 Magister der Philosophie, 1766 protestantischer Pfarrer zu Waldersbach im Steintal, damals einem der wildesten Vogesentäler, dessen Wohltäter er wurde. Er verbesserte Obstbau, Wiesenanlagen und Landwirtschaft, legte Brücken und Straßen an, die er mit den Dorfbewohnern selbst baute, und führte Industrie im Steintal ein, worin ihn sein Freund Legrand aus Basel treulich unterstützte. O. ist auch Urheber der Kleinkinderschulen; er gründete die erste (salle d'asile) in Waldersbach, die seine Magd Luise Scheppler nach seiner Anweisung leitete. Als O. ins Steintal kam, traf er in den fünf Dörfern seiner Gemeinde 80–100 verkommene Familien an; zu Anfang des 19. Jahrh. zählte die Bevölkerung 3000 Seelen (jetzt 6000). Am hellsten leuchtete Oberlins Menschenliebe in den Hungerjahren 1816 und 1817. In theologischer Hinsicht huldigte O. einem eigenartigen Mystizismus. Seine Schriften gab Burckhardt (Stuttg. 1843, 4 Bde.) heraus. Vgl. Bodemann, Johann Friedrich O. (3. Aufl., Stuttg. 1879); Spach, O. le pasteur (Straßb. 1865); Stein (Nietschmann), Johann Friedrich O. (Halle 1899); Parisot, Un éducateur mystique, J. Frédéric O. (Par. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 866.
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