Redwitz, Oskar

[684] Redwitz, Oskar, Freiherr von, Dichter, geb. 28. Juni 1823 in Lichtenau bei Ansbach, gest. 6. Juli 1891 in der Heilanstalt Gilgenberg bei Bayreuth, widmete sich seit 1841 in München philosophischen und juristischen Studien, worauf er sich von 1846–48 in Speyer und Kaiserslautern auf den Staatsdienst vorbereitete. Nach bestandener Staatsprüfung gab er jedoch die juristische Laufbahn auf, um sich schönwissenschaftlichen Studien zuzuwenden. Von 1850–51 studierte er in München und Bonn mittelhochdeutsche und klassische Literatur. Im Herbst 1851 folgte er einem Ruf als außerordentlicher Professor der Ästhetik nach Wien. Er las hier im Sommer 1852 über griechische Tragödie (besonders über »Antigone«), gab jedoch seine Professur wieder auf, um sich der poetischen Produktion zu widmen, lebte sodann meist auf dem Landgute seiner Gattin, Schellenberg bei Kaiserslautern, später auf einem eignen Gut in Franken, bis er sich 1872 auf seiner Besitzung »Schillerhof« in Obermais bei Meran niederließ. Literarisch machte sich R. zuerst bekannt durch das romantische Epos »Amaranth« (Mainz 1849, 44. Aufl. 1904), teils fanatisch-ultramontanen, teils süßlich-sentimentalen Geist atmend und mehr um seiner Tendenz willen gepriesen und verbreitet alsum des wirklich in einzelnen Episoden der Dichtung zutage tretenden Talents, das sich namentlich in den vielen Naturbildern und lyrischen Stimmungsgemälden offenbart. Der Dichter vermochte aber den Verkündigungen seiner konservativ-ultramontanen Propheten, welche die Zukunft der deutschen Poesie an sein Schaffen knüpften, weder mit seinem »Ein Märchen« (Mainz 1850, 4. Aufl. 1853), noch mit seinen »Gedichten« (das. 1852, 3. Aufl. 1854), am allerwenigsten mit seiner christlichen Tragödie »Sieglinde« (das. 1853), die im Grunde genommen eine Selbstparodie seines gesamten Schaffens war, zu entsprechen. Erst als er sich von der Ten den; zu lösen und einigermaßen naiver zu schaffen begann, kräftigte sich auch seine Charakteristik; er brach dann so vollständig mit seiner ultramontanen Vergangenheit, daß er sich nur noch ungern an sie erinnern ließ. Den Übergang zu dieser zweiten Periode seines Schaffens bildete die Tragödie »Thomas Morus« (Mainz 1856, 2. Aufl. 1857); ferner die bühnengerechten, vielfach aufgeführten, aber keineswegs besonders schwungvollen oder poetisch vertieften Schauspiele: »Philippine Welser« (das. 1859, 3. Aufl. 1899), »Der Zunftmeister von Nürnberg« (das. 1860), »Der Loge von Venedig« (das. 1863). Der Roman »Hermann Stark, deutsches Leben« (Stuttg. 1869, 3 Bde.; 3. Aufl. 1879) zeichnet sich durch einzelne treffliche idyllische Momente und Genreszenen aus, treibt aber einen an sich nicht bedeutenden Lebensgehalt in unendlicher Breite zu falscher Wichtigkeit auf. Weiter folgten: »Das Lied vom neuen Deutschen Reich«, eine Art Epos in Sonetten voll edelster patriotischer Begeisterung (Berl. 1871, 11. Aufl. 1876), und die auf einer freien naturphilosophischen Weltanschauung beruhende epische Dichtung »Odilo« (Stuttg. 1878, 4. Aufl. 1883), Werke, die um ihres, den ursprünglichen Tendenzen des Dichters entgegenstehenden Gehaltes willen regen Beifall fanden; »Ein deutsches Hausbuch«, ein episch-lyrisches, den Segen des deutschen Hauses feierndes Gedicht (1.–5. Aufl., das. 1883; 6. Aufl. 1900), sowie die schwächlichen Romane: »Hans Wartenberg« (Berl. 1884), »Hymen« (das. 1887) und »Glück« (das. 1900), die wiederholt aufgelegt wurden. Im Elisabethgarten zu Obermais wurde dem Dichter 1894 ein Denkmal errichtet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 684.
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