Schinassi-Efendi

[807] Schinassi-Efendi, Ibrahim, der Begründer der jungtürkischen Bewegung (s. Jungtürken), geb. 1826 in Konstantinopel, gest. 13. Sept. 1871 in Paris, verlor 1828 den Vater durch die Kämpfe bei Schumen (Schumla), wurde in Konstantinopel erzogen und erlernte orientalische Sprachen und Französisch. Zur weitern Ausbildung von Fetih Pascha nach Paris geschickt, studierte S. Staats- und Finanzwissenschaften, Mathematik und Literatur. In der Heimat im Finanzministerium angestellt und zum Mitgliede der Akademie erwählt, arbeitete S. unermüdlich daran, die türkische Sprache zu reinigen. An die Stelle des bureaukratischen Stils setzte er eine allgemein verständliche Schreibweise; das bombastische Phrasenwesen, das, aus der arabischen und persischen Poesie in die türkische übergegangen, namentlich die Lyrik überwuchert hatte, merzte er aus. Seine scharfen und knappen kritischen Schriften wirkten vorbildlich, und die neue reinottomanische Literatursprache fand auch in weitern Kreisen Anerkennung. Auch auf politischem Gebiete trat er reformierend auf. Nachdem die Begründung seiner Zeitschriften »Terdsschüman-iahwal« (1859) und »Tasswir Elkhiar« (1861) seiner staatlichen Stellung Schwierigkeiten bereitet hatte, siedelte er 1864 zum zweitenmal nach Paris über; eine von Abd ul Asis veranlaßte Rückberufung (1867 als Vali von Smyrna) war nur von kurzer Dauer. 1869 verfiel S. in eine Gehirnkrankheit. Seine Hauptschüler sind Kemâl Bey und Zia Pascha (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 807.
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