Sinus

[496] Sinus (lat.), Busen, Höhlung, weiter Blutraum; S. frontalis, Stirnhöhle, S. maxillaris. Kieferhöhle, S. rhomboidalis, Rautengrube. S. eines Kreisbogens oder des zugehörigen Zentriwinkels, geschrieben sin, in der Trigonometrie die halbe Sehne des doppelten Bogens, dividiert durch den Halbmesser. Statt dieses jetzt üblichen numerischen S., der ein echter Bruch ist, wandte man früher den linearen S., d. h. die absolute Länge der halben Sehne selbst, an; den Radius bezeichnete man mit dem Namen S. totus. Sinusversus, Quersinus, gekürzt sin. vers., ist die Einheit, vermindert um den Kosinus. Die Geometer und Astronomen des griechischen Altertums bedienten sich nicht des S., sondern rechneten mit den Sehnen der Bogen selbst; dagegen war der S. unter dem Namen dschiva oder dschya (soviel wie Sehne, auch bei einem zum Schießen dienenden Bogen) frühzeitig bei den Indern im Gebrauch, von denen ihn um 900 n. Chr. die Araber entlehnten. Der Name S. ist die lateinische Übersetzung des arabischen Wortes dschaib (soviel wie Busen), mit dem die Araber den S. bezeichneten; wahrscheinlich ist aber dieses Wort nur eine arabisierte Lesart des Sanskritausdrucks dschiva, da dschaib und dschiba in arabischer Schrift nicht unterschieden sind. Vgl. Hankel, Zur Geschichte der Mathematik (Leipz. 1874). Im christlichen Abendland wurden die S. anstatt der Sehnen von Regiomontanus (s. d.) eingeführt. – In der Bedeutung von Meerbusen, Golf, häufig in antiken geographischen Namen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 496.
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