Strychnīn

[135] Strychnīn C21H22N2O2, Alkaloid, findet sich, meist an Äpfelsäure oder Kaffeegerbsäure gebunden, neben Brucin in den Brechnüssen (Krähenaugen) von Strychnos nux vomica (1,28–2 Proz.) und in der Rinde dieses Baumes (falsche Angosturarinde), in den Ignatiusbohnen von S. Ignatii (1,5 Proz.), im Schlangenholz von S. colubrina, in der Wurzelrinde von [135] S. Tieuté und dem daraus bereiteten Pfeilgift Die südamerikanischen Strychnos-Arten scheinen weder S. noch Brucin zu enthalten. S. bildet farb- und geruchlose Kristalle, schmeckt äußerst bitter, hinterher metallisch, ist sehr schwer löslich in Wasser, Alkohol und Äther, etwas leichter in Chloroform, Benzol, schmilzt bei 265°, ist unter 5 mm Druck bei 270° destillierbar, reagiert alkalisch und bildet meist kristallisierbare, äußerst bitter schmeckende Salze, von denen das salpetersaure S. C21H22N2O2.HNO3 in Wasser und Alkohol schwer löslich ist. Man betrachtet S. und Brucin als hydrierte Chinolinderivate. Die Lösung einer Spur von S. in konzentrierter Schwefelsäure wird durch chromsaures Kali intensiv blau oder violett. S. ist eins der stärksten Gifte und wirkt besonders auf die motorischen Teile des Nervensystems. Bei Vergiftung mit S. entstehen Ziehen und Steifigkeit im Körper, Empfindlichkeit gegen Sinneseindrücke, Unruhe, Zittern, entsetzliche Angst, Starrkrampf, Sistierung der Atmung und Tod durch Erstickung oder Erschöpfung bei erhaltenem Bewußtsein. Behandlung: Entfernung des Giftes, Gerbsäure (Kaffee), Jodtinktur, Chloralhydrat etc. und künstliche Atmung. Morphium, Blausäure, Akonitin, Curare und namentlich Chloralhydrat wirken dem S. entgegen. Man benutzt S. arzneilich bei Amblyopie und Aneurose, bei motorischen Lähmungen, besonders der Extremitäten, bei Rückenmarkslähmung, Magenatonie, Blasenlähmung, Trunksuchtsanfällen. Vgl. Falck, Die Wirkungen des Strychnins (Leipz. 1874).

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 135-136.
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