Tarquinĭus Priscus

[328] Tarquinĭus Priscus (»der Alte«), fünfter röm. König (616–578 v. Chr.), nach der römischen Überlieferung Sohn des Korinthers Demaratos und einer Tarquinierin, geboren in Tarquinii, wanderte, da er dort als Sohn eines Fremdlings keine Ehrenstelle erlangen konnte, auf den Rat seiner mit der Gabe der Weissagung ausgestatteten Gemahlin Tanaquil nach Rom aus. Hier machte er sich sowohl beim König Ancus Marcius als beim Volke beliebt; er wurde daher vom sterbenden König zum Vormund seiner beiden Söhne ernannt und konnte sich nach dessen Tode selbst der Herrschaft bemächtigen. Er vollendete die Unterwerfung Latiums, besiegte die Sabiner und verwendete die gewonnene Beute zur Ausführung großer Bauten. Dahin gehören vor allen: der große Abzugskanal (cloaca maxima), wodurch namentlich das Forum trocken gelegt wurde, die Anlage des Circus maximus, der Beginn einer Stadtmauer und des kapitolinischen Tempels. Auch für die Verfassung war seine Regierung durch die Aufnahme von Plebejern in die Bürgerschaft von Bedeutung. T. wurde von den Söhnen des Ancus, die er um die Herrschaft gebracht hatte, 578 ermordet, zu seinem Nachfolger aber von der klugen Tanaquil sein Schwiegersohn Servius Tullius gemacht. Die Herrschaft des T. trägt einen wesentlich andern Charakter als die seiner Vorgänger, doch ist es der Kritik noch nicht gelungen, über den historischen Kern der Überlieferung sich zu einigen;[328] die einen nehmen etruskischen, die andern griechischen Einfluß an.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 328-329.
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